Die Aufgabe der Kunst ist es, Fragen aufzuwerfen und
nicht,
Antworten zu geben. Kultivieren Sie einen gewissen Ekel vor
und Widerwillen
gegen das Leben. Er ist eine unabdingbare
Voraussetzung für wahrhaft
künstlerisches Schaffen. Sagen
Sie die Wahrheit, ersaufen Sie nicht in zu viel
Rücksicht und
Toleranz. Auch wenn man Sie dafür hasst und Ihre
Einsamkeit
wachsen wird.
Hinterlassen Sie, wenn möglich, ein paar prägnante Spuren
zu
Lebzeiten, sonst wird Ihnen posthum der Erfolg versagt.
Voraussichtlich werden Alkohol
und Drogen schwer zu
umgehen sein. Sein sie ruhig auch ein wenig parasitär.
Pumpen
Sie Ihre Freunde an. Verabschieden Sie sich von
Ihren Schuldgefühlen. Ein
vorübergehender Aufenthalt in
einer geschlossenen Anstalt kann Ihrem Lebenslauf
durchaus zuträglich sein. Sie dürfen sich nur nicht in der
Rolle des psychisch
labilen Künstlers verlieren, dann wird die
Sache eher kontraproduktiv bis
destruktiv. Versuchen Sie in
unproduktiven Krisenzeiten so gut es geht am Leben
zu
bleiben. Ein toter Künstler produziert keine Kunst mehr. Das
wird Ihnen
unsinnig erscheinen und Sie inmitten der Krise
nicht trösten, in Ihrer nächsten
Schaffensperiode aber
mitunter von grossem Nutzen sein. Sie wissen nicht, ob
die
Krise das Ende Ihres Schaffens oder der Anfang von etwas
ganz Grossem ist.
Also sitzen sie die Krise aus und warten
Sie geduldig auf bessere Zeiten. Ihr
momentanes Leid
schafft womöglich ein Kunstwerk von Weltrang.
Schaffen Sie
Werke von Dauer. Fett-Filz-Installationen sind
eher ungeeignet. Denken Sie sich
kryptische Werktitel aus,
die den Betrachter verwirren. Sein Sie ein Rätsel in
Person.
Geben Sie es nach 40 auf, den Performancekünstler zu
mimen. Keiner wird
sich daran erinnern. Arbeiten Sie stets
an Ihren Obsessionen. Sorgen Sie für
einen spektakulären
Abgang. Das gilt auch für Nicht-Künstler.