Mittwoch, 18. Dezember 2019

BESSER NICHT

Sachen, die man auf einer Vernissage NICHT sagen sollte:

… und davon kann man leben?!
… meine Tochter malt auch
… ich habe an der Volkshochschule auch mal n Kurs gemacht
… woran erkennt man, das etwas Kunst ist?
… wer zahlt denn die Galeriekosten?
… was genau soll das darstellen?
… tja, Ideen sollte man haben
… ich mag nur Bilder, auf denen man etwas erkennt
… das ist ja nun gerade gar nicht trendy
… und in welchem kunsthistorischen Zusammenhang steht das?
… welcher Maler ist Ihr Vorbild?
… steht das nicht auf dem Kopf?
… so, macht mer auf (Künstler XY)?
… wie lange haben Sie dafür gebraucht?
… schön, wenn man ein Hobby hat
… waaas? Für das Geld kriegt man ja ein Auto!
… das kann ich auch
… was machen Sie eigentlich beruflich?

Donnerstag, 28. November 2019

Work in Progress

Kleine Vorschau auf einen Zwölfteiler

Das Glück der falschen Fährten




Zwischen seinem Roman noir Blumberg und den für 2020 angekündigten Fortsetzer Blumberg 2 hat Andreas Niedermann unter dem Titel Das Glück der falschen Fährten noch rasch eine kurzknackige Novelle dazwischengeschoben.

Im 132 Seiten langen Stück spielt Niedermann Niedermann, der aus finanziellen Gründen und Absenz von Frau und Kind seine Wiener Wohnung an ein zahlungskräftiges Schweizer Paar aus der IT-Branche vermieten muss. Sich selbst quartiert er in einer Absteige ein, die er vor 20 Jahren bereits einmal frequentiert hat. Doch anstatt der erhofften Ruhe, um an einem Vortrag schreiben zu können, findet er Lucinda Williams, ihres Zeichens berühmte Country-Musikerin aus Louisiana, als unfreiwillige WG-Partnerin vor, die sich in Wien inkognito ihre schwächelnden Stimmbänder kurieren lassen will. 

Lucindas Anwesenheit – mehrheitlich in der Badewanne hinter einem Paravent – bringt Niedermann aus dem Tritt. Anstatt an seinem Vortrag zu schreiben, träumt er jede Nacht wilde Abenteuer, in denen ihm Countrygrößen wie Johnny Cash und Townes van Zandt erscheinen. Tagsüber ergeht er sich in Erinnerungen an sein früheres Leben oder fabuliert über Boxkämpfe und die Verdorbenheit des Literaturbetriebs. 

Die Novelle ist kurzweilig und spritzig. Niedermann nimmt uns mit in den Mikrokosmos seiner Klause und gleichzeitig in den Makrokosmos von Wien, also gewissermaßen in seinen ureigenen Mesokosmos. Auf Kosmisches wartet und hofft man auch, was die Sache mit Lucinda angeht, doch ob tatsächlich etwas zwischen den beiden passiert und wenn ja, was, lasse ich hier mal offen. 

Und wird er seinen im Buch angekündigten Knaller-Roman schreiben?

Das Buch liest sich überall gut, auf der Couch, im Zug oder in der Badewanne. Vorzugsweise zu Songs von Lucinda wie Drivin’ Down a Dead End Street oder Wild and Blue


Rezension zu Zurück aufs Eis

Eine schöne Rezension zu Zurück aufs Eis - Wie man keinen Roman schreibt.


Wer noch kein Weihnachtsgeschenk hat, das wäre doch eine gute Idee. Zu bestellen bei mir, Lieferung prompt, bis zum 18.12.19 - auf Wunsch mit Widmung und Signatur. 

Montag, 11. November 2019

Donnerstag, 31. Oktober 2019

Rezension zu Varanasi

Eine kleine, feine neue Rezension zu Varanasi:

Klossek in Höchstform
Hey! Susann Klossek macht alles wieder gerade und echt. Das dachte und denke ich mir, wenn ich „Varanasi“ lese. Dieses Buch ist nichts anderes als der Gegenentwurf zu all den Selbsthilferatgebern und unreflektierten Indienführern. Was Besonderes vielleicht. Klossek macht mit jedem Satz den Sack zu, intellektuell...und verdammt witzig. Und sie versucht nicht auf der Welle zu schwimmen, sondern taucht drunter weg. Manchmal hart an der trivialen Grenze, aber stets stilsicher und immer bösartig. Dafür kann man sie hassen oder auch lieben, wie ich. Ich glaube, es gibt kein unheiligeres Buch über Indiens heiligste Stadt. Schon allein deswegen, sollte man es lesen.

 Sardus Lamm

Montag, 14. Oktober 2019

Ausflug nach Konstanz




Am Freitag fuhr ich für einen Termin von Zürich nach Konstanz. Im Zug war ich umzingelt von potenziellen Einkaufstouristen, die mit leeren Koffern und Einkaufsrollwägelchen bewaffnet ennet der Grenze einen günstigen Wochenendeinkauf erledigen wollten. 

Eingepfercht saß ich zwischen zwei mittelalten Schweizerinnen mit allerlei Taschen und ungeheurem Mittteilungsbedürfnis. Es hätten genauso gut zwei Deutsche oder Vertreter irgendeiner anderen Nation sein können. In diesem Falle waren es halt Schweizerinnen. Sie unterhielten sich über den Attentäter von Halle:

Frau 1: Wo war das gleich wieder, wo der gestern zwei Menschen erschossen hat?

Frau 2: Das war vorgestern. Das war in Zelle.

Frau 1: Ich hab’ gehört, der konnte nur nicht in die Moschee stürmen, weil er Ladehemmungen hatte. Aber sie haben ihn, oder?

Frau 2: Ja, der mutmaßliche Täter. Muuuutmaßlich. Es gab wohl ein Video.

Frau 1: Ach! Hat das jemand gefilmt?

Frau 2: Keine Ahnung.

Frau 1: Wo war der her?

Frau 2: Ich weiss nicht. Syrien oder so.

Mir schwoll unterdessen ein bisschen der Kamm. Am liebsten hätte ich gerufen: Halle, es war in Halle. Das ist kein Gebäude, sondern eine Stadt. 

Und warum sollte ein Syrer eine Moschee angreifen? Das ergibt keinen Sinn. Vor allem, weil es eine Synagoge war. Aber es war ein Düüütscher. Ein Nazi!!! Ein Antisemit. Er hatte leider keine Ladehemmung. Höchstens sein Gewehr. Aber meines Wissens scheiterte er am Türschloss der Synagogeneingangstür. Und er ist auch nicht der mutmaßliche Täter, denn das Video hat er selbst gedreht und da sieht man seine Nazifresse. Doch die beiden waren schon beim nächsten Aufregerthema.

Frau 1: Wie heißt die Göre da aus Stockholm?

Frau 2: Ähm. Mhhh. Ach, Du meinst die 14-Jährige?

Frau 1: Ja. Die ist ja auch nicht konsequent. Die ist doch nach New York mit dem Schiff, weil sie nicht fliegen wollte. Aber Schiff ist doch noch viel schlimmer. 

Frau 2: Nein, deren Boys sind geflogen, deswegen. 

Frau 1: Ach? Deren Boys, aha. Ja. Die Jungen sind halt auch doppelmoralig, wenn sie dann auf den Schulausflug mit dem Flugzeug gehn. 

Ja, Letzteres hat was. Aber die Göre, die im übrigen Greta Thunberg heißt, war nicht auf nem Schulausflug. Und das Schiff war ein Katamaraaaaahan!! Und sie kann auch wenig dafür, wenn die versammelte Journaille und Entourage geflogen ist. Was Scheiße ist, aber nun mal passiert und bis zu einem gewissen Grad unvermeidbar. Ihre Boys waren es aber sicher nicht. Und sie ist sechzehn und nicht vierzehn, Herrgott nochmal! Man kann von ihr halten, was man will. Aber bei den Tatsachen bleiben, ist doch nicht zuviel verlangt ihr dumpfbackigen Schnepfen! 

Aber sie waren schon beim Thema Billigflüge.

Frau 2: Nach Italien haben wir 340 Euro pro Person gezahlt.

Frau 1: Ja, das ist billig.

Frau 2: Billig für den Zug?

Frau 1: Ja, sag ich ja, ziemlich teuer für Zug nach Italien. 

Ähm, wenn ich mal intervenieren...

Nein, durfte ich nicht. Denn sie waren bereits dabei, Veganer durch den Kakao zu zieh’n, die Saftigkeit von Äpfeln anhand deren Farbe zu analysieren und zu debattieren, wie bescheuert sich der Enkel von Therese immer aufführe, hätten halt keine Bildung die Jungen heutzutage. Bitte? 

Frau 2: Ich verstehe nicht, wieso das wie Käse oder Würste aussehen muss. Na, ich bin froh, dass ich den Dreck nicht essen muss. Aber dieses, na, wie heisst das gleich wieder, dieses Geschnetzelte vom Coop…

Frau 1: Tofu?

Frau 2: Nein, dieses Quor oder so, das hab ich gern.

Frau 1: Kenn’ ich nicht. 

Hier erschloss sich mir einiges. Vermutlich haben die beiden ein bisschen zu viel Fleisch gegessen. Roh und blutig. Gammelfleisch mit Antibiotika versetzt. Mit genmanipuliertem Gemüse als Beilage. 

Kurz vor Konstanz konnte ich dann doch nicht mehr an mich halten und hörte mich sagen: 

Wenn ich kurz die Fakten aufzählen dürfte:

Halle-Synagoge-Nazi-Deutscher-standhafte Tür-der Täter steht fest-Greta Thunberg-16 Jahre-Katamaran-auf dem Weg zu den Vereinten Nationen-Journalisten im Flieger…

… und Veganes soll vor allem so schmecken wie. Und neeeiiin, Äpfel sind nicht automatisch saftiger je roter ihre Schale. Gibt es irgendein Thema, von dem ihr dummen Hühner etwas versteht?

Natürlich sagte ich das alles nicht. Oder nur so vor meinem inneren Ohr, ich feiges Weichei.

Eine der beiden wurde später in Konstanz um ein Haar über den Haufen gefahren, weil sie seelenruhig, als Einzige, die Straße bei Rot überquerte. Und zwar zweimal hintereinander, während allen anderen das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand. Ich fragte mich, ob ihr Fast-Tod unter Versuch einer natürlichen Auslese zu verbuchen sei. 

Nach meinem Termin erstand ich im Drogeriemarkt ein paar günstige Kosmetikartikel und Nahrungsergänzungsmittel, die vermutlich wirkungslos bleiben, die ich mir aber bei diesen Preisen einfach nicht entgehen lassen konnte. Dann ging ich zu Karstadt auf die Toilette. Im 2. Stock lief mir mein Exfreund über den Weg.

Er: Gut siehst du aus.

Ich: Alt bist du geworden!

Eine imaginäre Unterhaltung, denn als ich näher dran war, merkte ich, das er’s gar nicht ist.

Ich bekam Hunger und ging zum Hafen: Seit zwei Wochen hatte ich erfolgreich und ohne Mühe auf jegliche Fleisch- und Wurstware verzichtet. Und dann bestellte ich, wie auf Autopilot, zwei Weißwürste. Erst als ich die erste Wurst schon intus hatte, fiel mir das auf. Dazu hatte ich mir ein Schwarzbier gekauft. Die kleinste erhältliche Größe: ein halber Liter!

Als das Glas leer war, fühlten sich meine Glieder an wie Blei. Als sei das kein Schwarzbier, sondern ein halber Liter Eiseninfusion gewesen. Ich war unfähig aufzustehen. Nach einer halben Stunde Ausnüchterung, schleppte ich mich 300 Meter weiter ins nächstgelegene Café und bestellte mir einen Kaffee.

Und dann setzte sich ein Sänger vor uns hin und gab It's a wunderful life von Black (den Interpreten musste ich googeln – tolle digitale Welt, früher hätte man warten müssen, bis er einem wieder einfällt) zum Besten. Ich fühlte mich in die 80-er des letzten Jahrhunderts zurückversetzt. Süße Jugend.

Danach sang er Nothing else matters von Metallica und ich dachte: Genau! Nothing matters. Scheiß doch der Hund drauf. Und dann überlegte ich, ihn später anzusprechen und vielleicht würde eine Freundschaft draus. Oder eine neue Liebe. Ich könnte bei ihm einziehen und mein Wohnungsproblem wäre vor der drohenden Sanierung und zu erwartenden Mieterhöhung gelöst. Doch dann sang er Don't worry, be happy und das war mir nun doch zu optimistisch. Und Sweet Home Alabama ist auch bisschen weit für einen Umzug. 

Ich bin mein Hotel California.

Und der Sänger sah sowieso nicht so dolle aus. Von einer Stimme allein wird man schliesslich nicht satt. Und überhaupt, wieso hielt ich nach einem Mann Ausschau, wo ich doch über jeden, den ich wieder los bin, heilfroh bin? Halleluja. Und ohne Flachs sang er das dann auch und dann war wirklich Zeit ‘n Abgang zu machen. 

Freitag, 4. Oktober 2019

Danke für nichts




Ohne dieses Formular
können wir Ihren Antrag nicht bearbeiten
Ich an Deiner Stelle würde das nicht tun
Wenn Sie nicht abnehmen, sehen wir keine Chance
Das hätten Sie uns melden müssen
Haben Sie's nicht kleiner?
Mit dieser Laune kannst du gleich wieder gehen
Uns fehlt noch der Bericht, um die Zahlung in Auftrag zu geben
Sie haben Recht, unsere Abrechnung ist nicht korrekt
Zahlst Du? Danke!
Du hast Dich doch auch nicht gemeldet
Ohne Begleitung kommen Sie hier nicht rein
Sie müssen uns über jede Änderung informieren
Was ziehst n so ‘ne Fresse?
Bitte retournieren Sie uns erst das defekte Gerät
Der Presseausweis ist hier nicht gültig
So geht das aber nicht!
Bitte kontaktieren Sie unsere Servicehotline
Ich habe kein Mail erhalten
Wenn Sie letzte Woche gekommen wären
Jetzt übertreib mal nicht
Bitte drücken Sie die Raute-Taste
Der Gutscheincode ist ungültig
Das ist zu dick für Briefpost
Ihr Passwort wurde nicht erkannt
Dann müssen Sie sich eben mal Mühe geben
Typisch Frau
Ihre Werte sind alle ganz normal
Was ist eigentlich mit Deinem ökologischen Fussabdruck?
Wir nehmen grundsätzlich keine Ware zurück
Diese Lippenstiftfarbe ist so gar nicht im Trend
Die neue Frisur ist viel besser als die alte
Sie erfüllen die Kriterien leider nicht
Vielen Dank für Ihre Vorauszahlung
Wir müssen leider das Budget kürzen
Warum so negativ?
Ihre Karte wurde eingezogen
Das Konzert ist leider ausverkauft
Ihrem Mietminderungsbegehren wird leider nicht stattgegeben
Sie haben keinen Anspruch auf Vergünstigung
Dieser Gutschein ist nur online gültig
Du bist zu spät
Lass uns den Stundenlohn nochmal verhandeln
Unsere Verwaltungskosten lassen sich nicht reduzieren
Wie oft soll ich das noch sagen
Du willst doch sicher was für die Umwelt tun
Andere Bewerber entsprechen noch besser unserem Anforderungsprofil
Die Frist ist nicht verlängerbar
Bist Du nicht leicht overdressed?
Eine Gage können wir leider nicht zahlen
Ohne notarielle Beglaubigung geht da gar nichts
Willste Deine Haare nicht mal kürzen?
Was das wieder kostet! 
Der Liefertermin ist bis auf Weiteres verschoben
Na, auch schon wach?
Sie müssen Ihre Mail erst mit diesem Link bestätigen
Ohne Fleiss kein Preis
Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen
Schaust Du nicht ein bisschen viel Fernsehen?
Könntest Du nicht mal schnell was dazu schreiben
Jetzt hab Dich nicht so
Also bei mir funktioniert das einwandfrei
Sei doch nicht so gereizt
Dafür brauchen Sie eine Zolldeklaration
Haben Sie denn den Stecker reingesteckt?
Nach 22 Uhr ist hier Ruhe!
Bitte erklären Sie sich mit den AGBs einverstanden
Warum wollen Sie unseren Newsletter nicht mehr?
20% auf alles – ab einem Einkaufswert von 200 Franken
Bitte tragen Sie sich in den Waschplan ein
Wegen Bauarbeiten bis 2020 gesperrt
Ihre Daten werden zu Forschungszwecken gespeichert
Wäsche nicht länger hängen lassen als nötig
Nur mit Originalunterschrift gültig
Wir benötigen noch eine Ausweiskopie
Fehler im Antrag können den Prozess verzögern
Bitte nicht auf diese Mailadresse antworten
Wir führen dazu keine Korrespondenz
Das wird teuer
Das fällt unter den Selbstbehalt
Der Fall wird noch geprüft
Dieser Zug endet leider heute vorzeitig
Die Fenster hätten’s auch mal nötig
Wir rufen Sie an

DANKE – ich verzichte

Samstag, 28. September 2019

Klimawandel


Ich versuche ohne Plastik auszukommen
nahezu ein Ding der Unmöglichkeit
dafür müsste ich alles frisch einkaufen
aber die Wege sind zu weit
so per pedes zum Glyphosat-Bauern oder Markt
und selbst Biogemüse ist eingeschweisst
als hätten sie Angst
man landet im kalten Entzug
so ganz ohne Weichmacher
und den ganzen Dreck
bei mir gibt’s heute Eintopf mit Mikroplastik
und Wasser aus Rohren von 1954
die Migros rühmt sich als Nachhaltigkeits-Champion
nachhaltig ist nur, wer ins Gras gebissen hat
Früchte aus Ecuador, Chile und Hinterindien
selbst Plastiktüten schaffen sie nicht abzuschaffen
San Pellegrino aus Italien und Voss aus Norwegen angekarrt
als ob’s um die Ecke kein Wasser gäbe
der Konsument will alles und zwar rund ums Jahr
wir sind selbst Schuld
vielleicht kommen ja die Mitarbeiter
mit dem E-Bike oder Rollerchen zur Arbeit
angetrieben von Batterien mit Kobalt aus dem Kongo
und Lithium aus Bolivien
von modernen Sklaven aus der Erde gekratzt
und die Deutschen sind Recyclingmeister
und wissen nicht, dass da nur die Hälfte recycelt wird
und der Rest indonesische Dörfer vermüllt
und unser atomarer Restmüll strahlt im Himalaya vor sich hin
und Antibiotika-Abfall wabert in indischen Flüssen
und in der Nord- und Ostsee
liegen Millionen Tonnen Weltkriegsbomben
und chemische Waffen
die sich langsam auflösen
TNT im Fischfilet
ein explosives, gesundes Mittagsmenü
löblich der Einzelne
der kein Fleisch mehr frisst
und seinen Müll trennt
und weniger fliegt
und mal zu Fuss geht
auch wenn das Tropfen auf den heissen Stein sind
jeder Tropfen zählt
trotzdem warte ich auf den Konzern
der von sich aus das Ruder rumreisst
oder mal Steuern im Ausland zahlt
und den Politiker der sich unbeliebt macht
und mal kurz die Wiederwahl vergisst
oder der Autolobby nicht in den Arsch kriecht
der grosse Umweltsünder und Klimawandelleugner
in ihre Schranken weist
Mut beweist und Charakter zeigt
Risiken eingeht und
Tacheles statt um den heissen Brei redet
oder auch nur mal den Verstand einschaltet
Wege ebnet für junge Innovatoren
statt bürokratische Hürden zu mehren
generell finde ich
lieber ein bisschen Panik verbreiten
als gleichgültig immer so weitermachen
der Fortschritt ist nicht aufzuhalten
und nicht jede Spätwirkung voraus zu sehen
hinterher ist man immer schlauer
und das ist auch gut so
ich bin kein Radzurückdreher
aber auch kein Kopfindensandstecker
ohne die Waldsterbehysterie gäbe es keinen Wald mehr
und wir würden noch immer FCKW in die Atmosphäre sprühen
und in Asbesthütten hausen
die ist-doch-alles-übertrieben-und-
nach-mir-die-Sintflut-Scheisssprüche hängen wir zum Hals raus
ein Quäntchen Gewissen hat noch keinem geschadet
und Verantwortung gleich gar nicht
tragisch, dass ein autistischer Teeny
für uns in die Bresche springen muss
ich will keinem den Spass verderben aber
der Amazonas brennt
und die Antarktis auch
und der Permafrost schmilzt
und der Meeresspiegel steigt an
damit die Kreuzfahrtmonsterschiffe besser vorwärtskommen
die Arten verrecken schwindelerregend schnell
die Insekten verkleben nicht mehr die Windschutzscheiben
damit der SUV freie Fahrt ins Verderben hat 
und die Blagen am Rücksitz ihren Scheiss streamen können
während in der einen Ecke die Menschen ersaufen
und in der anderen im Staub verdursten
wenn wir Glück haben
erledigen uns die multiresistenten Bakterien
bevor wir selbst tätig werden müssen