Sonntag, 30. März 2014

The Lincoln Underground Spring Edition!




Liebe Freunde der Underground-Literatur

Pünktlich zum Frühling ist the spring edition vom THE LINCOLN UNDERGROUND erhältlich. Auch ich bin, auf englisch, wieder mit von der Partie.

Wer gerade in Lincoln, Nebraska unterwegs ist, es gibt wie immer eine Lesung:




Spring 2014 Issue Reading & Release Party
Monday, April 15th, 7 pm
Crescent Moon Coffeeshop,
140 N 8th St #10 (Lower Level)
Bestellungen wie immer hier:
http://www.thelincolnunderground.com/Purchase-Your-Copy.html

Donnerstag, 27. März 2014

Gratisvorstellung



Jeden Morgen am Bahnhof Enge in Zürich, wenn ich meinen Kaffee für 2 (in Worten: zwei; NIRGENDS in Zürich gibt es das sonst noch, ein Dank an Bäcker Jung) Franken schlürfe und auf's Tram warte, steht da auch immer ein Typ und flucht wie ein Galeerensträfling. 

Heutiges Thema: 

"SCHEISS DEUTSCHE, GEHT DOCH NACH HAUSE!!!!"

Dann fährt immer das 5-er Tram vor mit einer Werbung vom Schauspielhaus: 

WERDEN SIE ZEUGE VERBALER ENTGLEISUNGEN

Da spar ich mir doch glatt das teure Theaterticket!

Danke, lieber unfreiwilliger Strassenkünstler.

Bild: lustig© Philipp Möller/stern.de-Grafik.

Montag, 24. März 2014

Kurioses aus dem Alltag

Einer meiner Kollegen bestellt sich gern Produkte von Firmen, die vor 1920 gegründet wurden. So bestellte er sich kürzlich einen Bartkamm (das Bild zeigt die Originalgrösse!) der Firma Hercules Sägemann. Die Artikel haben keine Namen, sondern nur Artikel-Nummern. Das Kämmchen für das Bärtchen hat die Nummer 88. Besser kriegte es Satire auch nicht hin!

Samstag, 22. März 2014

Vor der Rückkehr



L.A. brennt und...
...noch 8 Tage bis zur Rückkehr
noch 8 Tage bis zum Rückwärtsgang
noch 8 Tage bis zur Halbundhalbzufriedenheit
noch 8 Tage bis Jericho

das Problem ist nicht die Schwere des Rucksacks
sondern die Krümmung der Kurve
die nicht einsehbar ist

jeder Mensch nimmt die Farben seiner Umgebung an
Grau in Grau
wie hatte es nur soweit kommen können?
schleichend streift sich die geistige Lähmung über uns
über uns, die einst glühende Idealisten waren
was blieb sind verdrossene Gestalten
die Artigkeiten untereinander austauschen
ersoffen in Seichtheit
und hämisch grinsender Fragwürdigkeit
so stottern wir das Leben ab
sitzen Stunden fast zwanghaft
an minderwichtigen Jobs
und unseren Arsch breit
für einen Shareholder
der unsere Lebenszeit verbrät
und sich die Überschüsse auszahlt

nicht die Treppe an sich
sondern die Höhe der Stufen
machen einem den Weg schwer
und die Ungewissheit
wo und wann sie endet
und ob überhaupt
dass alles passiert
ist weniger schlimm
als dass es IMMER WIEDER passiert
erbauend ist das jedenfalls nicht
den Sisyphos des alltäglichen
IRRSINNS
zu geben


...WARNING SHOTS NOT REQUIRED...

(aus einem Manuskript, Foto: von mir, als L.A. brannte, 16. Januar 2014)

Freitag, 21. März 2014

Der Beat ist tot, es lebe der Beat!




Am Vormittag des 31. Dezember 2013 sitze ich in der Columbus Avenue im City Lights Bookstore in San Francisco, jenem Laden, den ein gewisser Lawrence Ferlinghetti vor genau 60 Jahren gegründet hat und ohne den die Beat Generation womöglich nichts weiter gewesen wäre, als eine Sternschnuppe am kalifornischen Abendhimmel. Denn die prüde amerikanische Nachkriegsgesellschaft tat sich schwer mit den abartigen Texten der Beat Generation. Hätte Ferlinghetti also nicht den Mut besessen, die verhassten Elaborate über Sex-, Drogen- und Alkoholexzesse zu drucken, wären Kerouac, Burroughs, Gingsberg & Co. vielleicht ungehört wieder in jenem dunklen New Yorker Loch verschwunden, aus dem sie in den frühen Fünfzigern gekrochen sind. Ferlinghetti war es auch, der 1956 Allen Gingsbergs Gedicht "Howl" veröffentlichte, das heute zu den Hauptwerken des Beat zählt. Damals löste Howl einen Skandal aus und Ferlinghetti musste sich wegen obszöner Zeilen wie 'die sich in den Arsch ficken liessen von heiligen Motorradfahrern und vor Freude schrie'n vor Gericht verantworten.


Eigentlich bin ich mit Ferlinghetti, der mittlerweile 95 Jahre alt ist, verabredet. Doch der Meister ist unpässlich, was entweder seinem hohen Alter oder der frühen Uhrzeit 11:30 Uhr – zuzuschreiben ist. Eine Tageszeit, zu der ein Beatnik allenfalls ins Bett gegangen, aber niemals aufgestanden wäre. Schliesslich folgt ein Acid-Trip nicht den Gesetzen der Zeit. 

Doch was macht den Club der dichten Dichter denn nun so aussergewöhnlich, dass man ihre Werke noch heute lesen sollte? Handelte es sich nicht nur um einen Haufen abgewrackter Morphinisten? Nichtsnutzige Herumtreiber auf dem Weg von Irgendwo nach Nirgendwo, die mit jedem vögelten, die mit harten Drogen experimentierten und ausser ein paar dreckigen Texten nichts für die saubere Gesellschaft hinterliessen? Am Anfang stand der Begriff "beat" jedenfalls nur für besiegt, müde und heruntergekommen. Und Letzteres waren die Beatniks, zumindest in den Augen der sogenannten braven Bürger. Doch sie waren eben auch euphorisch (upbeat), seligmachend (beatific) und im Rhythmus (on the beat) einer neuen Zeit. Sie verpassten dem Leben Geschwindigkeit und Drive, brachen und überwanden Tabus und ebneten den Weg für die nachfolgende Hippie- und letztlich auch die Frauen- und Schwulenbewegung.


Und heute? Hingeworfene Texte ohne Versmass werden auch im Jahr 2014 zu Hauf geschrieben. Das macht ihre Verfasser noch lange nicht zu Dichtern, geschweige denn zu Beatniks. Themen wie Drogen, Alkohol und Homosexualität lösen hierzulande kaum mehr einen Skandal aus. Ein Zeichen dafür, dass die Beatniks Pionierarbeit mit nachhaltiger Wirkung geleistet haben. Tot ist der Beat deshalb nicht. Entgegen dem gängigen Trend, rund um die Uhr dummdreist in Tablets und Smartphones zu glotzen und nichtssagende Kurznachrichten in den Äther zu zwitschern, sind ein paar Literarten verblieben, die stoisch ihre Gedanken in schwarze Moleskinebücher kritzeln, wie es einst Kerouac "on the road" oder Burroughs mit den Aufzeichnungen zu "Naked Lunch" machten. 

Natürlich gibt es nur eine Beat Generation, alles andere wäre nur ein billiger Abklatsch von damals. Aber die Sehnsucht nach Freiheit und Anarchie, nach einem selbstbestimmten Dasein, einer unkonventionellen, alternativen Lebensweise abseits vom Mainstream, brennt in jeder jungen Generation von neuem. So tun uns auch heute ein paar bewusstseinsverändernde Texte (und Substanzen) ganz gut. Auch wenn statt LSD vorzugsweise biologisch angebauter Fairtrade-Kaffee konsumiert wird.


Ferlinghetti glänzt übrigens weiterhin mit Abwesenheit. Doch wenn man sich die Besucher im City Lights Bookstore so anschaut, schwebt auch ohne ihn fast ein Hauch von Beat durch den Raum. Wie vor 60 Jahren – nur eben mit Rauchverbot.

(Der Text erschien in gekürzter Form erstmals in der Märzausgabe des Magazins "Literarischer Monats" - www.literarischermonat.ch)

Donnerstag, 20. März 2014

Ein ganz normaler Morgen in Zürich



Heute Morgen wollte ich ins Tram einsteigen, drückte auf den Knopf, doch die Tür öffnete sich nicht. Obwohl das Gefährt noch gefühlte 10 Minuten an der Kreuzung stand, machte der Fahrer nicht mehr auf. Man könnte meinen, die einzige Freude von Tram-Chauffeuren besteht darin, die Gäste, blöd aus der Wäsche guckend, vor verschlossenen Türen stehen zu lassen. Ich frage mich, ob denen dabei einer abgeht?

Ich nahm also das nächste Tram. Aus dem Wagen vor mir starrten mich 3 Girls, etwa im Alter von 19, 6 und 2 Jahren  an, als hätte ich ein Kainsmal mitten auf der Stirn. Die 6-Jährige steckte mir zudem ständig ihre Zunge entgegen. Am Monitor war seit geraumer Zeit die Mitteilung zu lesen, dass das Informatinossystem gestartet sei. Danke für diese nützliche Information. Ich fotografierte den Monitor. Ein böser Fehler.

An der nächsten Haltestelle kam nämlich die 19-Jährige in meinen Wagen gestürmt und kreischte in slavischem Akzent, wenn ich nochmal ihr Kind fotografiere, setze es was. Ihr Kind? Da hat sie früh angefangen. Jesses! Als ich später ausstieg, steckten mir beide Kleinen die Zunge raus und die Grosse rief mir Futz hinterher. Gut, dass mich mal wieder jemand auf mein Geschlecht hinwies.

Am Bellevue stackelte eine Alte im Chanel-Imitat-Kostümchen herum und wetterte gegen die Tütsche, die kei Aastand hätten, während aus dem 4-er-Tram eine dicke Bulldogge herauswackelte und mitten aufs Trottoir schiss. Besser hätte ich der Alten auch nich kontern können. Kluges Hundchen! Sein Frauchen unterdessen ignorierte das Malheur und trollte sich, der Mop war drauf und dran sie zu lynchen. Schliesslich sprach ein komischer Typ mit rotem Haar mit sich selbst und brabbelte etwas von wenn die mich beläschtige, dann ruf ich d' Polizei. Aufgrund des  Hundehaufen-Vergehens war die auch dringend nötig.

Da halten die Leute mich immer für verrückt. Ich bin mir da nicht mehr so sicher!

Montag, 17. März 2014

Burn' n Love




In Honolulu traf ich Elvis, wo wir beide zufällig unter derselben Palme Schatten suchten. Wir schrieben den 9. November 1957, der King stand kurz vor seinem allerersten Konzert auf Hawaii und Allen Ginsberg hatte soeben sein Gedicht Howl veröffentlicht, was mich schwer beeindruckt hatte. 

Ich fragte Elvis, was er von den Beatniks halte. Er schien etwas irritiert, weil ich über einen minderattraktiven Dichterschnösel reden wollte, anstatt dem König die Aufwartung zu machen.

"Beat find' ich gut", sagte Elvis. "Aber diese drogenkonsumierenden Schwuchteln, ich weiss nicht recht. Ich bin da etwas konservativ." Das erstaunte mich jetzt doch, hatte sich doch Elvis mit seinem Hüftschwung auch in einem gewissen obszönen Rhythmus in die Gesellschaft geshaked. Und gegen Drogen hatte er bekannterweise auch nichts einzuwenden. Doch bevor ich etwas entgegnen konnte, war er auch schon wieder so schnell verschwunden, wie eine Fata Morgana auftaucht.

Das Konzert war grandios. Er eröffnete es mit "Heartbreak hotel" und beendete es mit "Nothing but a hound dog". Die girls kreischten und fielen in Ohnmacht. Ich war paralysiert. Nach dem Konzert traf ich ihn zufällig wieder. 

Als die Wirkung der sechs Blue Hawaii-Drinks nachliess, bemerkte ich, dass ich eigentlich die ganze Zeit mit Darren Lee gesprochen hatte, einem Elvis-Imitator. Aus Kanada! Immerhin war er der Sieger der World Elvis Competition in Memphis. Er sah aus wie der King und er sang auch so. Ich erwog, ihm meinen Zimmerschlüssel für ein gepflegtes Nümmerchen zuzuschieben. Dann erwähnte er seine Frau "and the two years old twins", die Stimmung war im Eimer. Ich erzählte ihm, dass ich an einem Artikel über die Beat-Generation schreibe und fragte, was er davon halte.

"Beat find' ich gut", sagte der falsche Elvis. "Sonst...naja....aber hat mir die Frage heute nicht schon mal jemand gestellt?" Er schien verwirrt, von mir ganz zu schweigen.

"It's now or never...", stimmte er noch an. Aber er hatte seine Chance verspielt.

(der Beitrag erschient erstmals in der Märzausgabe des Magazins " "Literarischer Monat" http://www.literarischermonat.ch/; Bild: www.elvis.com)