Kürzlich bewarb ich mich für ein Literaturstipendium im Ausland. In der Regel gestalten sich derartige Bewerbungen wie eine Doktorarbeit und sind ziemlich nervenaufreibend und zeitintensiv. Die Erfolgsaussichten sind in der Regel eher schlecht, da sich a) je nach Destination sehr viele bewerben, b) die Auswahlkriterien der jeweiligen Jury oft fragwürdig sind und c) viel Vetternwirtschaft dazu führt, dass oft dieselben zum Zuge kommen. Warum ich es trotzdem tue, who knows. Weil auch mal ein blindes Huhn ein Korn findet und weil derartige Aufenthalte, sollte man den Zuschlag erhalten, sehr erbauend sind und bei mir immer mit einem Werk enden. Ich hatte also mal wieder diverse Formulare auszufüllen, ein Motivationsschreiben für mein Tun aufzusetzen, eines darüber, wo ich meine Schreibe im derzeitigen Literaturkontext verorte, ein Schreiben, was mich gerade an jenem Ort, für den ich mich bewerbe, reizt (gute Frage), einen Lebenslauf, eine Werksliste hinzuzufügen, natürlich detailliert mein geplantes Projekt zu beschreiben und ein Manuskript anzuhängen. Glücklicherweise musste ich dieses Mal kein detailliertes Budget ausklügeln, da es sowieso kein Geld gibt, eben nur den Aufenthalt. Allerdings wurde dieses Mal ein weiteres Schreiben verlangt, in dem ich die Frage Wer bin ich als Autorin? zu beantworten hatte. Meine Antwort darauf, die minimal 2000 und maximal 3000 Zeichen lang sein durfte, möchte ich Euch nicht vorenthalten:
Wer bin ich als Autorin? Eine scheinbar einfache Frage, die
sich gar nicht so leicht beantworten lässt. Ich schreibe in erster Linie, weil
ich es muss. Schreiben, Kunst machen, ist das, was mich vierundzwanzig Stunden am Tag,
sieben Tage die Woche antreibt und ausmacht. Ich schreibe nicht, um gefallen zu
müssen, um in irgendeine Schublade zu passen oder um die Erwartungen anderer zu
erfüllen. Schreiben ist für mich vielmehr ein radikaler Akt der
Selbstbehauptung, der Unangepasstheit, vielleicht sogar ein rebellisches
Ausbrechen aus all den Formen und Normen, die einem von allen Seiten ständig
aufgedrückt werden.
Man könnte fragen: Was für eine Art von Autorin will ich
sein? Darauf gibt es keine simple Antwort, weil ich nicht will, dass man mich
in eine Kategorie presst. Die schlichte Wahrheit ist: Ich weigere mich, mich
festlegen zu lassen. Die literarische Welt ist so voller Regeln, Etiketten und
Kritiker:innen, die vorgeben, zu wissen, was «gute» Literatur ist. Aber was sie
oft nicht verstehen, ist, dass Schreiben etwas Wildes ist. Schreiben bedeutet,
den Raum zu sprengen, den man mir zur Verfügung stellt. Es bedeutet, Dinge zu
sagen, die unangenehm sind, Ecken und Kanten zu zeigen – und das in einer Zeit,
in der man als Autorin schnell in einen soften, glattgebügelten Kram abdriftet.
Wenn ich schreibe, dann schreibe ich gegen Erwartungen an. Gegen das «So sollte es sein». Gegen das glatt polierte, das leicht
Verdauliche. Wer bin ich als Autorin? Ich bin diejenige, die sich weigert, dir
das zu geben, was du haben willst. Meine Texte sind wie ich: widerspenstig,
unangepasst und ein bisschen unverschämt. Schreiben ist meine Art, der Welt den
Mittelfinger zu zeigen – im besten Sinne.
Das bedeutet aber auch, dass ich mich ständig hinterfrage,
herausfordere, mich selbst aus der Komfortzone schiebe. Will ich damit
provozieren? Klar, ein bisschen sicherlich. Aber es geht nicht nur um den
reinen Protest. Es geht darum, echt zu bleiben, darum, dass meine Worte nicht
nur auf Papier existieren, sondern dass sie brennen. Ich schreibe, um zu
fühlen, um zu berühren, um anzustoßen und aufzurütteln. Alles andere wäre für
mich Stillstand, und das ist die eigentliche Rebellion: sich ständig neu zu erfinden,
gegen das eigene Bild zu kämpfen, das andere – oder man selbst – vielleicht von
einem haben.
Wer bin ich als Autorin? Ich bin die, die sich weigert, die
Tür zum konventionellen Schaffen zu weit zu öffnen. Manchmal scheint es, als
müsste ich mich gegen die Definition «Autorin» an sich wehren, weil die Rolle
viel zu klein ist für all die Widersprüche, all die Energie, die ich in mir
trage. Schreibende zu sein ist kein Status, den ich erreicht habe, schreiben ist vielmehr eine ewige
Revolution – eine, die niemals aufhört. Und ja, ich genieße es, Teil dieser
Revolution zu sein.
Formularende