Liegst du noch oder rebellierst du schon?
Der Begriff Rebellion bezeichnet in erster Linie einen
Aufstand, also einen Widerstand gegen eine Staatsgewalt. Steht aber auch, so
auf Wikipedia, der Enzyklopädie des Halbwissens, zu lesen, für einen britischen
Entwickler von Computerspielen, eine deutsche Power-Metal-Band, einen Roman von
Joseph Roth (nicht zu verwechseln mit Philip Roth, da hiesse er "Die
menschliche Rebellion", Der sterbende Rebell, Mein Leben als Rebell oder Nemesis),
zudem für einen britischen Film von 1962, sowie einen französischen von 2011,
eine Schweizer Uhrenmarke und in Verbindung mit der Wortfolge "the
Recaller" auch für einen gambischen Dancehall-Sänger. Und schon haben wir
wieder etwas gelernt, womit wir im Leben nichts anfangen können.
Doch bleiben wir für heute bei der Bedeutung Aufstand. Rebellion,
auch Insurrektion, abgeleitet vom lateinischen insurgere, sich erheben, findet in unseren Breitengraden heutzutage
eher selten statt. Denn Voraussetzung für ebendiesen Aufstand wäre es, überhaupt
erst einmal vom Fernsehsessel aufzustehen und raus zu gehen. An dieser Stelle
scheitert es in der Regel bereits. Nach Hannah Arendt ist das Ziel einer
Rebellion die Befreiung. Und schon wären wir bei Problem Nummer zwei: Befreiung
steht hier allem voran für die Befreiung des Geistes. Und so stellt sich sogleich die Frage, was da eigentlich zu
befreien wäre, wenn da gar nichts ist?
Die Vorform eines Aufstandes wiederum äussert sich oft in
sogenannten Straßenschlachten und
Aufständische nennt man gemeinhin Rebellen oder auch Insurgenten. Auch hier
stoßen wir wieder auf mehrere Probleme: So würde ich beispielsweise Hooligans,
englisch für Schlägertypen, Raufbolde, Rabauken, nicht unbedingt als Rebellen bezeichnen,
nur weil sie sich in Europas Straßen und Stadien gegenseitig die Fresse
einschlagen. Derartige Insurgenten haben mit Rebellion so viel zu tun, wie die
kubanische Revolution dem Volke die Freiheit gebracht hat: nichts. Wenn sie
sich allerdings, wie kürzlich mehrfach passiert, zusammenrotten, um der neuen
Spezies geistiger Rückbesinner, genannt Salafisten, eins auf die Zwölf zu
geben, könnte man sie fast als Rebellen durchgehen lassen. Statt Antifa- nun
Antisa-Demos. Gewissermaßen rebelliert der gemeine Hooligan, oder auch
Wutbürger in Kampfstiefeln, dann ja wieder gegen eine Staatsmacht, jene nämlich
des drohenden Islamischen Staates.
Dem Hooliganismus selbst sollte man natürlich
nicht Vorschub leisten. Tummeln sich doch unter ihnen viele Rechte und wohin
das führt, wenn die sich zusammentun, dürfte allseits bekannt sein. Doch
Hooligan und Salafist weisen durchaus Gemeinsamkeiten auf: Bei beiden Gruppen
handelt es sich um gewaltbereite Vollidioten. Im Grunde unterscheiden sie sich
allenfalls durch 3 Promille. Der Hooligan säuft, der Salafist nicht. Und wenn
dann das eine oder andere Gummigeschoss der herbeigezogenen Staatsmacht
versehentlich so einen deutschen Neusalafisten am
Abraham-Lincoln-Gedächtnisbart oder alternativ einen Hoolkopf an der Glatze trifft,
ist ja allen irgendwie geholfen. Der Spruch Die
Polizei dein Freund und Helfer bekommt da gleich eine viel positivere
Bedeutung.
Gut, so weit, die Polente als Freunde zu bezeichnen, muss man ja
nicht gehen. Aber falls dann noch ein kleiner Wasserwerferstrahl einem Salafisten-Groupie
zwischen die Schenkel sprudelt und es daran hindert in den Irak oder nach
Syrien zu reisen, um IS-Kämpfer zu ehelichen und Söhne für den Heiligen Krieg
zu zeugen, dann sag ich doch ja! bitte! und: sehr gern!!! Allein beim Gedanken
daran kommt mir das Tränengas.
Generell kann festgehalten werden: Angesichts der
prekären allgemeinen Weltlage wäre in diesen Tagen grundsätzlich an allen
Fronten und in allen Schichten eine Rebellion angesagt. Und damit meine ich
nicht, dass Bahn- und Fluglinien-Angestellte häufiger streiken, als sie
arbeiten. Die Welt ist aus den Fugen geraten und wird in Kürze explodieren,
wenn wir nicht unseren Arsch heben und rebellieren. Doch das dröge Volk ist dummerweise
mehrheitlich damit beschäftigt, rund um die Uhr von sich Selfies zu schiessen und das eigene Konterfei bis
zur Unkenntlichkeit digital zu schönen. Welch lächerliche Posse! Wenn das so
weitergeht, ist der Untergang des Abendlandes ist nicht mehr weit. Der
Wikipedia-Eintrag zum Begriff Selfie ist übrigens länger als jener zum Thema Rebellion.
Denkt da mal drüber nach!
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