Toaster says no!
oder
Die Rache des klugen Hauses
Als ich gestern
Morgen den Toaster bestücken wollte, verweigerte er mir den Zugang. Auf der
Digitalanzeige leuchtete in roten Lettern der Satz: Sie haben das zulässige
Gewicht für 2 Stück Toast überschritten, bitte begeben Sie sich zur
Personenwaage. Erst hielt ich es für einen dummen Scherz meines Partners, aber
nein, der Toaster verriegelte selbststätig einen seiner beiden Schlitze.
Noch leicht
entsetzt ob der Unverschämtheit meines Küchengeräts trottete ich ins Bad und
stellte mich auf meine digitale Glas-Waage mit 50 Gramm genauer
Center-Point-Wiegetechnik. Ich stand gut im Fett, auch Wasser hatte ich zur
Genüge, Muskelmasse war nicht nachweisbar. Diese bösen Tatsachen veranlassten
meinen Fitness Tracker an meinem Handgelenk dazu, wie irre zu vibrieren und mir
freundlich aber bestimmt mitzuteilen, dass ich heute bisher nur 21 Schritte
gelaufen war und ich noch etwa 80‘000 benötigte, um den Toaster wieder zu
entsperren.
Beim Begriff entsperren durchfuhr mich eine Art Blitz, denn ich
hatte vergessen, dass die Waage so programmiert ist, dass sie bei
entsprechendem Kampfgewicht automatisch den Kühlschrank verriegelt. Mein Puls
raste, das Armband gab einen durch Mark und Bein gehenden Alarmton von sich.
Gut, was solls, dachte ich, dann eben nur Kaffee. Die Kaffeemaschine verweigert
allerdings ab einem Blutdruck von 145:80 ihren Dienst. Aber egal, Kaffee ohne
Milch ist eh nicht mein Ding und die steht bekanntlich im Kühlschrank. Der sich
nicht öffnen lässt. Das heisst nur mit einem Code, der bei meinem personal eHealth-Coach
hinterlegt ist und dieser rückt den Code nur raus, wenn die Waage ihm ihre
Zustimmung gibt. Davon war nicht auszugehen.
„Sie haben eine Mail“, hörte ich
eine Stimme aus dem Off. Ich konnte mir nicht erklären, woher sie kam, denn
Handy und Laptop waren noch gar nicht aktiviert. Sprach der Toaster zu mir?
Nahm mich mein Kühlschrank auf den Arm? Würde der Herd gleich eine Nachricht
drucken? Nein, es war der Rauchmelder, der wohl irgendwie fehlprogrammiert war.
Der Kühlschrank, so las ich am aussen angebrachten Display, bestellte
unterdessen eigenmächtig Milch und Toast nach, Lebensmittel also, deren
Herausgabe oder Bearbeitung die Geräte mir sowieso verweigern.
Ich versuchte
mich des Fitness-Armbands zu entledigen, aber ähnlich wie bei einer
elektronischen Fussfessel für Sexualstraftäter, würde dieses bei unerlaubter
Abnahme todsicher irgendein Amt alarmieren, zum Beispiel das BfdEvD (Bundesamt
für die Einhaltung von Diäten), also liess ich es bleiben.
Ich überlegte,
wie ich dem digitalen Wahnsinn entkommen und die bösen Geräte austricksen könnte
und hatte eine tolle Idee: Glücklicherweise stammt meine Wohnung aus einem
anderen Jahrhundert, ich drehte kurzerhand die Sicherungen raus. Dummerweise
hatte ich vergessen, dass bei etwaigem Stromausfall, keine Ahnung wie, die automatische
Diebstahlsicherung zum Tragen kommt. Die Jalousien rollten sich in Windeseile
runter, die Tür schnappte zu und ich sass in der Falle. Im Dunkeln. Ohne
Frühstück.
Ich schaltete das Smartphone an und bestellte mir etwas zu essen beim
Drohnen-Lieferservice. Dann wählte ich den Notdienst. Nach 40 Minuten in der
Warteschleife war ich immerhin 2460 Schritte gegangen. Fehlten nur noch 77‘519
bis zum nächsten Toast. Draussen prallte eine Drohne gegens verrammelte Fenster
…
(Erstveröffentlichung Computerworld 3/17)
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