KRAMER
GEGEN KRAMER oder Würdest du die Cops rufen, wenn ich in deiner Einfahrt mein
Portemonnaie verbrenne?
Mit
dem zugleich etwas sperrigen wie einmaligen Titel Würdest du die Cops rufen, wenn ich in deiner Einfahrt mein
Portemonnaie verbrenne? hat Benedikt Maria Kramer nach seinem Lyrikdebüt Glücklichsein ist was für Anfänger im
Wiener Songdog Verlag einen würdigen Nachfolger herausgebracht.
Die
lyrische Reise ist in fünf Kapitel unterteilt, die mit den für sich selbst
sprechenden Titeln Kramer gegen Kramer,
Es ist intensiv, Spülstein-Dramen, Austern in Manzanita und Hitparade
überschrieben sind.
Kramer
schreibt und trinkt und liebt und leidet. Und schreibt, und …
Ich sitze hier mit Tasten unter
meinen Händen und Worten im
Anschlag ...
(Kramer
gegen Kramer)
Und: Ich habe Angst um meine Seele.
(Schlechter
Film)
Die
Kindheit, Mama, Mauern, die Frauen, die Einsamkeit, auch wenn Leute drumherum
sind, Alkohol, Italien, die Liebe, der Tod ... und immer wieder Kramer:
Ich bin großartig.
Ich bin großartig.
Stell dir das unendlich
wiederholt vor.
(Küchenapotheose)
Oder:
Ich tanze und ich falle
Rotweinlippen soll man küssen
Doch ich bin die Prinzessin
Ich muss nichts müssen.
(Prinzessinenlied)
Und:
Hey, ich trinke und mach mich
über dich lustig
und denke tatsächlich, ich hab
mehr drauf.
(Fauser -
Bukowski - Fauser)
Kramers
Kurzdramen spielen in Augsburg, Italien oder Saint Louis/USA, an den Ufern der Lech,
Wertach, des Mississippi oder der Lagune von Venedig. Orte, die er wie seine Westentasche kennt, auf
deren Beschreibung er aber großzügig und dankenswerterweise verzichtet. Kein
kennerhaft-besserwisserischer oder klugscheißerischer Ton. Dafür ist Kramer
viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Erfreulicherweise interessiert ihn mehr
sein Leiden an der Welt und an sich selbst, als den Leser mit Belanglosigkeiten
zu Städtebau und Kulturhistorie oder mit pathetischem Politgeschwafel zuzumüllen.
Was
er beschreibt ist wahr(haftig). Mit all seinem Ernst und seiner Kraft reflektiert
er über Routinen, über das Elend des Immergleichen und Alltäglichen – ob im Café ums Eck,
hinterm Tresen in der Haifischbar, bei der Monotonie des Schreibens oder in der
Liebe.
Die
Leere wird durch Wiederholung gefüllt und so in kurzen Momenten des Glücks
überwunden. Kramer wäre gern so wie er ist, auch wenn er zuweilen das Gegenteil
behauptet. Es scheint, als säße er, wenn er allein in seiner Küche vor sich hin
sinniert, einem Gespenst gegenüber. Ein Gespenst, das sich davon nährt, sich
selbst zu zerfleischen, zu fressen und wieder auszuspeien.
«Das Gefühl wird nicht weggehen?»
«Nein», sagt der Therapeut.
(Strangers
on the road)
Leichter,
wenn auch manchmal ein wenig morbide, geht es im fünften und letzten Kapitel
zu. Hier finden sich die Texte zu den Songs, die Kramer für seine Band RABENBAD
geschrieben hat, mit der er regelmäßig auftritt. Wie schon in früheren Gedichten
beweist er hier, auch wenn er auf Seite 21 das Gegenteil behauptet, dass in
seinen Texten durchaus Platz für Ironie ist.
Und die liebe Chrisi
lächelt in einer Tour
Alle denken, sie ist freundlich
dabei lächelt sie nur.
(In der
Haifischbar)
Sinnlich
sind sie, diese Texte, schmerzhaft, böse und zum Lachen. Ein Lachen, was
manchem im Halse stecken bleiben wird. Dann hat es derjenige aber auch
verdient.
Kramer
zeigt sich mal größenwahnsinnig, mal klein und
traurig, auch politisch, mal hart und bedrohlich, dann wieder weiblich, verletzlich,
zärtlich. Das alles ist Kramer, der vor allem immer Mensch bleibt. Ein Mensch,
bestechend ehrlich, mit all seinen Unzulänglichkeiten und Macken, erfüllt von
Sehnsucht und Liebe und letztlich halt meistens doch großartig.
Benedikt
Maria Kramer
Würdest
du die Cops rufen, wenn ich in deiner Einfahrt mein Portemonnaie verbrenne?
Songdog
Verlag, Wien
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