ONE NIGHT IN FRANKFURT - PART II
Die Frau ohne Unterleib war wieder in Frankfurt unterwegs:
Heute bog ich gleich ohne Umwege in die Kaiserstraße ein, ass ein opulentes Mahl beim Inder, dem ich beim Zahlvorgang sagte, dass mich das Essen an meine Zeit in Varanasi erinnert habe. Was gar nicht stimmt, was aber egal war, weil er zweimal nachfragte, was ich da fasele und dann die Unterhaltung mit einem resignierten "kenn isch nisch" beendete. Ich weiss auch nicht, warum ich das sagte, wohl um nett zu sein oder sowas. In der Tat erinnerte mich alles für einen kurzen Moment an Bangkok, weil die Luft so schwülwarm war und auf der Gasse so ein heiteres, knapp bekleidetes Multikulti-Tümmelvolk an mir vorbeiwaberte und ich dachte, dass ich unbedingt mal wieder weg muss. Weit weg. Aber dass ich eigentlich schon fast ein bisschen glücklich bin, jetzt hier unter Hesse z'hocke.
Den Verdauungsspaziergang - zuviel Paneer und Laan und Raita und Mangomus mit Kokoseis - unternahm ich runter zum Main. Stoisch standen die Banken in schwarzen Gewitterwolken. Ein Hinweis auf die nächste Bankenkrise? Wo stehen eigentlich meine Aktien? Sollte ich mir Nestlé zulegen? Eigentlich reicht es ja, wenn ich deren Produkte boykottiere.
Ich schoss Fotos von anarchischem, antifaschistischem und auch manch verqueren Gedankengut. Man wird hier an jeder Ecke fündig.
Drei Burschen mit blond gefärbten Dreadlocks folgten mir mit gebührendem Abstand. Sie kommen aus Äthiopien, wie sie mir alsbald mitteilten und Frankfurt sei die schönste Stadt, die es gäbe, was natürlich Ansichtssache ist und immer eine Frage des Blickwinkels und der Vergleichsmöglichkeiten, und einer wollte mit mir mitkommen. Ich war immer schlecht in Mathe, aber selbst ich schaffte es auszurechnen, dass ich nicht nur seine Mudda, sondern theoretisch sogar seine Großmutter sein könnte. Da hört der Spaß nun wirklich auf. Mein Kontingent für Frettchenverschleiß ist aufgebraucht. Auch wenn er wirklich hübsch und höflich ist und mir die Mär vom Alter, das keine Rolle spiele, vorsäuselte. "Wenn man einen Mann wirklich will..." "Genau!", unterbrach ich ihn. "Mann und wollen, zwei Grundparameter, die hier nicht wirklich zutreffen." Zum Glück verstand er mich nicht.
Zu viert spielten wir schließlich Tischtennis. Bei der steifen Brise ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Ich traf den Ball kein einziges Mal. "Da weißt du, wie es mir mit dir geht", sagte Aman. Ein Punkt für den jugendlichen Verführer.
Zum Abschied reichten wir uns die Hand und zogen sie gleichzeitig reflexartig zurück.
"Corona!" riefen uns seine Kumpel zu. Aber wie so oft, war es da schon zu spät.
Gemütlich schlenderte ich auf Gleis 1 durch den Bahnhof gen Hotel. Die einzigen, die mir begegneten waren der sturzbetrunkene Rotschopf, der vorhin noch auf der Kaiserstraße lag und jetzt an die Tür der Bahnhofsmission hämmerte und eine Maus, die ins nächstgelegene Loch entschlüpfte. Auf der Anzeigetafel stand Limburg. Was mich auf Tebartz-van Elst brachte. Ein Größenwahnsinniger, wie praktisch jeder von Rom gesandte. Gute Nacht.
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