Mittwoch, 17. Juni 2015

Auslese?!




Am 26. März 2015 hatte ich mich bei der gross angekündigten Plattform medienfrauen.ch ordnungsgemäss angemeldet. Endlich, so dachte ich, gibt es so ein Netzwerk auch in der Schweiz. Endlich tun sich Frauen, die etwas zu sagen und zu bieten haben zusammen, können sich austauschen, voneinander profitieren. Und auch der Presse oder den Medien allgemein, der Wirtschaft und der Gesellschaft dürfte es gut tun, wenn Frauen zeigen, was sie können und sagen, was sie denken. Eine Bereicherung für alle also.


So weit, so gut. Ich wurde auch prompt von Frau T., eine der Initiantinnen, die hinter dem Projekt stehen, kontaktiert und gebeten, meinen Lebenslauf noch etwas auszubauen, was ich tat und ihr zuschickte. Ihrer Anfrage nach einem professionellen Bewerbungsfoto, da sie „auf gewisse Normen für die Qualitätssicherung der Datenbank angewiesen“ sei (was ich durchaus nachvollziehen kann), konnte ich nicht sofort nachkommen, befand ich mich doch in dem glücklichen Zustand, mich längere Zeit schon nicht mehr habe bewerben zu müssen.


In Anbetracht der Tatsache, dass ein gewisser Teil der Fotos anderer Kandidatinnen in der Medienfrauen-Datenbank aber ebenfalls weder professionell noch von besonderer Schönheit oder Originalität und schon gar keine offiziellen Bewerbungsfotos sind, erlaubte ich mir, vorsichtig Einspruch zu erheben. Lieferte aber, falls es sich um ein fototechnisches Problem hinsichtlich einer zu niedrigen Auflösung handele, sofort das offizielle, professionelle Impressum-Foto vom Verlag, in dem ich angestellt mit, nach.


Ich zitiere Frau T. aus dem Interview mit persoenlich.com: „Wir sind eine professionelle Plattform, also sollte man sich auch dementsprechend präsentieren.“ Ist nachvollziehbar. Ich frage mich dann allerdings, was auf einer derartigen professionellen Plattform Fotos mit Wiese, Wasser, Gemäuer oder grünen Holzwänden im Hintergrund zu suchen haben, Bilder von Damen am Steuer ihres Autos, im Profil mit Mikro und Manuskript in der Hand, Schwarz-weiss-Raster vorm Gesicht, mit Kopfhörern und bunten Kappen auf dem Kopf oder vertreten mit einem Ganzkörperbild im Garten, nur mit der Lupe erkennbar? Ich persönlich habe nichts gegen derartige Fotos, sie peppen das Ganze etwas auf, zeigen die Individualität und Kreativität der Frauen, machen die Sache weniger steif und gehen im Notfall noch als Kunst durch.


In froher Erwartung und voller Vorfreude wartete ich auf die Freischaltung meiner Daten. Aber es passierte nichts. Vier lange Wochen nicht. Ich fragte nach, ob ich denn nun in den heiligen Kreis der Schweizer Medienfrauen aufgenommen werde. (Ich drückte mich diplomatischer aus). Wurde ich nicht, bis heute nicht, genau 12 Wochen nach meiner Anmeldung und nach zweimaliger Nachfrage per E-Mail. Auf die ich übrigens keine Antworten bekam. Dafür liegen meine Daten dort jetzt ungenutzt brach, ohne, dass ich sie selbst löschen kann.


Ein etwas irritierendes Verhalten. Dabei moniert Frau T. doch gerade Folgendes, ich zitiere: „Wenn Frauen gleich selbstbewusst auftreten wie Männer, werden sie schnell als frech oder zu kritisch abgestempelt“ und: „Als junge Journalistin und Politik-Studentin fehlen mir die Frauen im öffentlichen Diskurs. Wir leben im 21. Jahrhundert, das ist einfach nicht mehr zeitgemäss.“ Aber da war ich wohl selbst für Frau T. doch zu selbstbewusst oder schlichtweg zu frech. 


Oder woran liegt es, dass ich verschmäht werde? Bin ich doch seit über 15 Jahren als Journalistin, Redaktorin, Produzentin und Autorin in der Schweizer Medienbranche professionell unterwegs und kann, wenn es verlangt wird, zu fast jedem Thema meinen Senf dazugeben. Zudem: „Zurzeit fehlen mir noch Medienfrauen mit langjähriger Berufserfahrung in der Gruppe“, so T. im Interview. Ich wäre eine. Damen aus meiner Altersgruppe sind in der Tat sehr rar vertreten. Wollen die oder dürfen die nicht? 


Am Geschlecht kann es ausnahmsweise auch nicht haken, ich bin eindeutig eine Frau. Glaube ich zumindest. Gibt es Herkunftsbeschränkungen? Ich lebe und arbeite nicht nur in der Schweiz, ich habe mir sogar in einer Prozedur, die locker mit jener im Film „Die Schweizermacher“ mithalten kann, den Schweizer Pass erarbeitet. Bin ich fachlich nicht kompetent (wer entscheidet das per Ferndiagnose?) oder kann mich die Initiantin nur einfach nicht riechen? Gibt es bei medienfrauen.ch eine von persönlichen Befindlichkeiten abhängige Auslese? Habe ich mit dem „Fotofall“ meine Chance ein für alle Mal verspielt? Entspreche ich nicht der ISO-Norm für Schweizer Medienfrauen? Bin ich aus dem Kreis des Vertrauens für immer ausgeschlossen, bevor ich überhaupt je aufgenommen wurde? 


Ich fragte ein drittes Mal nach, direkt auf der Facebook-Seite von medienfrauen.ch. Natürlich wurde meine Anfrage umgehend gelöscht. Frau T. schrieb eine kurze Mitteilung, dass sie sich melde. Was sie natürlich nicht tat. 


Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin mir durchaus im Klaren, dass medienfrauen.ch sehr gut ohne mich leben kann. Wie auch ich nicht auf sie angewiesen bin. Es wäre aber trotzdem schön gewesen, sich hin und wieder mit Gleichgesinnten auszutauschen, neue, interessante Frauen zu treffen und andere Sichtweisen auf die Welt zu bekommen. Das Vorgehen irritiert mich einfach, eine kleine Begründung, wieso man nicht in die Datenbank aufgenommen wird, wäre doch nicht zu viel verlangt. Und die Frage ist doch: Will man ein professionelles Netzwerk aufbauen oder nicht? So wird das jedenfalls nichts.


Es grüsst eine autonome Medienfrau.

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