«Guck dir bloβ mal die Idioten an», sagte die
Katze.
«Welche genau meinst du?», fragte ich.
«Na die Kuh, die Ziege und die drei Hunde da. Legen
sich freiwillig um eine brennende Leiche!»
«Vielleicht sind sie einfach nur pragmatisch, weils
dort schön warm ist», entgegnete ich.
«Papperlapapp!», keifte die Rotgetigerte, «die
glauben an was Heiliges, genau wie die Leute da unten, die sich täglich in diese
Kloake werfen.»
«Mit Kloake meinst du den Ganges, nehme ich an?»,
fragte ich.
«Nenn es wie du willst, nur über meine Leiche würde
ich in diese Drecksbrühe gehen. Und ich habe immerhin sieben Leben», fuhr die
Katze fort. «Wusstest du, dass die zulässige Bakterienbelastung für
Badegewässer pro Tropfen in dieser trüben Suppe um 3000 Mal höher ist, als es
die WHO erlaubt? Hier findest du jedes Bakterium der Welt.» Wusste ich
zugegebenermaβen nicht. Ich bin aber auch noch nie einer Katze begegnet, die
Statistiken der WHO zitiert.
«Aber vielleicht genügt ja schon der Glaube an
etwas, dass es dann tatsächlich eintrifft», starte ich einen lächerlichen
Erklärungsversuch. «Schlieβlich hat man schon Pferde vor der Apotheke kotzen
gesehen.»
«Das ist eine glatte Lüge! Pferde können gar nicht
kotzen», entgegnete die Katze und lachte hämisch. «Religion ist die Abwesenheit
von Verstand», fuhr sie fort.
«Ah, sind wir eine Philosophenkatze oder wie?»,
versuchte ich das Fellknäuel zu provozieren. Das verdrehte die Augen.
«Aber die wollen doch nur dem ewigen Kreislauf der
Wiedergeburten entkommen», warf ich ein.
«Das würden sie auch ohne dieses ganze Spektakel.
Und ich hätte es nicht ständig auf den Bronchien von diesem verdammten Rauch.
Aber was solls: Kühe, Ziegen, Hunde, Menschen – alle unbelehrbar!», sagts,
machte einen extraordinären Katzenbuckel und verschwand in der Menge.
(Ausschnitt aus dem in Bearbeitung befindlichen Buch über meinen Stipendiumsaufenthalt im indischen Varanasi).
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