Montag, 2. Februar 2015

Bangkok




Bangkok Füllhorn verschenkter Möglichkeiten



Stadt der (gefallenen) Engel

und räudigen Katzen mit abgeschnittenen Schwänzen

deine Hochhäuser verdrängen die kleinen Tempel

doch von dem alten Mist

will eh kaum einer mehr was wissen

nur auf den König

da lassen sie nichts kommen

auch wenn der langsam ausgedient hat

da versteht der Thai keinen Spaß

und am Patpong spicken die leichten Mädchen

noch immer Pingpong-Bälle aus ihren Muschis

auf dem Nachtmarkt derselbe Tinnef wie vor zehn Jahren

und auch die Frettchen in der Telefonbar

sind gewohnt knappbehost

und an uns marschiert alles was in der Geisterbahn

Rang und Namen hat vorbei

weil alle ein bisschen auf Liebe hoffen

und Zärtlichkeit

was sich dann doch nur als schlechter Sex entpuppt

mithilfe von Viagra

und bezahlt

aber scheiß drauf

der Bath ist noch immer nix wert

und alle wollen nochmal gelebt haben

die Nutten und Boys

und Ladyboys

und die unattraktiven Freier

die bei uns keinen Schlag mehr haben

bei Keiner und Keinem

und auch die Jungen wollen's wissen

wie es ist mit so einer Kindfrau

und wälzen das doppelte Gewicht

auf die Zarte drauf

und die girls lächeln

weil das ihr Job ist

und auch ihre Art

und so wird in dieser Stadt alles Schlechte weggelächelt

während wir unsre Ente in rotem Curry löffeln

und überlegen

was wir heute noch abgreifen

in dieser Stadt

in der alles möglich scheint

und dann meistens doch nicht allzu viel passiert

und dann latschen wir über den Markt

wo die dummen Touristen falsche Rolex-Uhren kaufen

und die Dame ohne Welt einen Chanel-Handtäschchen-Fake

den ihnen der Zoll zu Hause wieder abnimmt

aber für zwei Wochen hatten sie mal was am Handgelenk

dass den Anschein macht

als seien sie wer

und ich gehe in den 7 Eleven

einfach weil ich den Klang der Türglocke so gern höre

der mich an Tropennächte

und bittersüße Abschiede erinnert

aus dieser Stadt

in der ich mehr Sex hatte

als in irgendeiner anderen

was so auch nicht stimmt

aber es ist schön dran zu glauben

das muss an der Leichtigkeit der Leute liegen

oder an ihrer Gabe einem diese weiszumachen

oder an den Massagesalons

wo es nach Menthol und Jasmin duftet

von zu kalten Klimaanlagen verbreitet

ein Duft, der in deine Nase kriecht

während eine resolute Thailänderin

deine dicken westlichen Waden knetet

und Schmerz mit Schmerz bekämpft

erbarmungslos

innerlich zurückgezogen

bearbeitet sie den Westler

in einer Art Meditation

fast weggetreten

wie tretelnde Katzenbabies

an der Zitze der Katzenmutter

und von wo du dann mit eingerenktem Genick

leichtfüßig davonfederst

als seist du von einer tonnenschweren Last befreit worden



Bangkok mit seinem Oriental

wo Service diesen Namen noch verdient

mit deinen Tempeln und Palästen

aus Gold und Rubin

in denen Glöckchen verheißungsvoll

im Wind bimmeln und von einer Zeit berichten

als Siam noch groß und exotisch war

Moloch mit den Garküchen auf deinen Straßen

und der Khaosan Road

in der Ratten und Kakerlaken reißaus nehmen

vor dem Geruch rastazöpfiger Backpacker mit

Hennatattoos

Drecksstadt

moderne Metropole

siamesische Schönheit

anziehend und abstoßend zugleich

wer was vom Leben versteht

muss dich lieben

(Auszug aus meinem neuen Buch, das im Oktober im gONZo-Verlag erscheint
Foto: Mit Klosseks Smartphone irgendwo im Dunstkreis des Patpong in einer Januar-Mitternacht)


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