Samstag, 28. September 2019

Klimawandel


Ich versuche ohne Plastik auszukommen
nahezu ein Ding der Unmöglichkeit
dafür müsste ich alles frisch einkaufen
aber die Wege sind zu weit
so per pedes zum Glyphosat-Bauern oder Markt
und selbst Biogemüse ist eingeschweisst
als hätten sie Angst
man landet im kalten Entzug
so ganz ohne Weichmacher
und den ganzen Dreck
bei mir gibt’s heute Eintopf mit Mikroplastik
und Wasser aus Rohren von 1954
die Migros rühmt sich als Nachhaltigkeits-Champion
nachhaltig ist nur, wer ins Gras gebissen hat
Früchte aus Ecuador, Chile und Hinterindien
selbst Plastiktüten schaffen sie nicht abzuschaffen
San Pellegrino aus Italien und Voss aus Norwegen angekarrt
als ob’s um die Ecke kein Wasser gäbe
der Konsument will alles und zwar rund ums Jahr
wir sind selbst Schuld
vielleicht kommen ja die Mitarbeiter
mit dem E-Bike oder Rollerchen zur Arbeit
angetrieben von Batterien mit Kobalt aus dem Kongo
und Lithium aus Bolivien
von modernen Sklaven aus der Erde gekratzt
und die Deutschen sind Recyclingmeister
und wissen nicht, dass da nur die Hälfte recycelt wird
und der Rest indonesische Dörfer vermüllt
und unser atomarer Restmüll strahlt im Himalaya vor sich hin
und Antibiotika-Abfall wabert in indischen Flüssen
und in der Nord- und Ostsee
liegen Millionen Tonnen Weltkriegsbomben
und chemische Waffen
die sich langsam auflösen
TNT im Fischfilet
ein explosives, gesundes Mittagsmenü
löblich der Einzelne
der kein Fleisch mehr frisst
und seinen Müll trennt
und weniger fliegt
und mal zu Fuss geht
auch wenn das Tropfen auf den heissen Stein sind
jeder Tropfen zählt
trotzdem warte ich auf den Konzern
der von sich aus das Ruder rumreisst
oder mal Steuern im Ausland zahlt
und den Politiker der sich unbeliebt macht
und mal kurz die Wiederwahl vergisst
oder der Autolobby nicht in den Arsch kriecht
der grosse Umweltsünder und Klimawandelleugner
in ihre Schranken weist
Mut beweist und Charakter zeigt
Risiken eingeht und
Tacheles statt um den heissen Brei redet
oder auch nur mal den Verstand einschaltet
Wege ebnet für junge Innovatoren
statt bürokratische Hürden zu mehren
generell finde ich
lieber ein bisschen Panik verbreiten
als gleichgültig immer so weitermachen
der Fortschritt ist nicht aufzuhalten
und nicht jede Spätwirkung voraus zu sehen
hinterher ist man immer schlauer
und das ist auch gut so
ich bin kein Radzurückdreher
aber auch kein Kopfindensandstecker
ohne die Waldsterbehysterie gäbe es keinen Wald mehr
und wir würden noch immer FCKW in die Atmosphäre sprühen
und in Asbesthütten hausen
die ist-doch-alles-übertrieben-und-
nach-mir-die-Sintflut-Scheisssprüche hängen wir zum Hals raus
ein Quäntchen Gewissen hat noch keinem geschadet
und Verantwortung gleich gar nicht
tragisch, dass ein autistischer Teeny
für uns in die Bresche springen muss
ich will keinem den Spass verderben aber
der Amazonas brennt
und die Antarktis auch
und der Permafrost schmilzt
und der Meeresspiegel steigt an
damit die Kreuzfahrtmonsterschiffe besser vorwärtskommen
die Arten verrecken schwindelerregend schnell
die Insekten verkleben nicht mehr die Windschutzscheiben
damit der SUV freie Fahrt ins Verderben hat 
und die Blagen am Rücksitz ihren Scheiss streamen können
während in der einen Ecke die Menschen ersaufen
und in der anderen im Staub verdursten
wenn wir Glück haben
erledigen uns die multiresistenten Bakterien
bevor wir selbst tätig werden müssen

Mittwoch, 25. September 2019

Abgesang



Kürzlich sah ich dich
in der Straßenbahn
ich gebe zu
für einen kurzen Moment
blieb mein Herz fast steh’n
ich erwog
an deiner Station auszusteigen
um dir zu folgen
einfach um zu sehen
was oder mit wem du es jetzt treibst
oder dich vielleicht auch zu rufen
und zu fragen
warum zum Henker
du dich einfach nicht mehr gemeldet hast
nach all dem
was zwischen uns (nicht) war
dann fiel mir für den Bruchteil einer Sekunde
dein Name nicht ein
da wusste ich
der Ofen war definitiv aus

PhoBi

Der großartige PhoBi almanach geht in seine 25. Runde. Dieses Jahr zum Thema ☆Zwischen Tinnitus und Phantasie☆ - und mit 67 Seiten so dick wie nie.
Tolle Texte, Zeichnungen, Fotos, Comics ...
Wie immer habe ich die Ehre dabei zu sein. Dieses Mal mit einem Kurzelaborat zu Scarlatti.
Wie immer für 5 Euro (+ Porto) nur offline bestellbar bei: PhoBi-Redaktion, Guldeinstr. 48, 80339 München

Dienstag, 24. September 2019

Der neue DreckSack ist da



LIEBE FREUNDE, LESER UND KRITIKER,
SOEBEN IST DER OKTOBER-DRECKSACK 2019 ERSCHIENEN!

Diesmal mit den folgenden Autoren: Eric Ahrens, Gisbert Amm, Michael Arenz, Ricarda Bethke, Richard Brautigan, Steffen M. Diebold, Alex Galper, Florian Günther, Ulrich Kersten, Susann Klossek, Jürgen Landt, Bas Lindgaard, Jörg Menke-Peitzmeyer, Matthias Merkelbach, Thomas Meyer-Falk, Alexander Pfeiffer, Jannis Poptrandov, Robsie Richter, Andreas Schwarz, Erik Steffen, Ulrike Steglich, Lars Weylthaar, Johannes Witek, Katharina Wulkow.

Fotografien: Frank Fallgatter

Das Inhaltsverzeichnis findet ihr hier:
www.edition-luekk-noesens.de/drecksack/aktuelle-ausgabe/

Erhältlich ist der DreckSack hier:
www.edition-luekk-noesens.de/shop/drecksack/

Die Release-Lesung findet am Freitag, den 4. Oktober 2019 um 19 Uhr im Baiz (Prenzlauer Berg) statt. Die Vortragenden sind noch nicht ermittelt, werden aber rechtzeitig bekanntgegeben.

Wir wünschen euch allen viel Spaß bei der Lektüre dieser Ausgabe!
Die DreckSack-Redaktion

Weitere Infos:

www.edition-luekk-noesens.de/drecksack
www.facebook.com/drecksackberlin

Dienstag, 10. September 2019