Sonntag, 25. November 2018

Wind of Change


Im 
Radio spielen sie
Wind of Change
einer der beschissensten Songs der Neuzeit
Flitzpiepe Klaus Meine dachte
er habe damit die Wende eingepfiffen
als er der Moskwa runter zum
Zentralen Maxim-Gorki-Park
 für Kultur und Erholung
folgte
was soll das überhaupt sein
wind of change!
Fürze aus dem Klimakterium?
dann doch lieber Sturm der Liebe
for peace of mind
let your balalaika sing
Ja Klausi
des Russens Balalaika
heißt Kalaschnikow
die Putin stolz zu Pferde
vor seine nackte Hühnerbrust hält
das ganze Brotherhoodgedöns
was du überall gespürt haben willst
blowing away isses
with the wind of change
dass man selbst in Borneo
nicht vor Scorpions verschont bleibt
das sollte das Auswärtige Amt
mal in seine Reisewarnung schreiben

(aus FATUM - eine Art Reisetagebuch - erscheint Ende 2019 im gONZoverlag)




Samstag, 17. November 2018

Satz des Tages

"Dem mutmaßlichen Täter wird ein Vernehmungsangebot unterbreitet." 

O-Ton Polizei Berlin nach tödlicher Messerattacke

Freitag, 16. November 2018

Varanasi


Im Openhand gerate ich an den Tisch von Saranam, Bolko und Suryia. Sie haben ihre bürgerlichen Namen abgelegt und praktizieren in North Dakota und Stockholm als Tantra-Lehrer das rote Tantra.

Das rote sei das erotischste aller Tantra-Richtungen, bei dem es am Ende zwischen Shakti und Shiva zur sexuellen Vereinigung kommt, erklärt Saranam, lässt dabei seine Hakennase zittern und wedelt mir mit seinen schwarz gefärbten, schütteren Locken vorm Gesicht herum. Die drei sind hier an einem Workshop bei irgendeinem indischen Tantra-Meister zugange, um ihren Horizont zu erweitern und ihre Schüler künftig noch inniger zu beglücken.

Yoga – ja. Meditation – ja. Tantra – von mir aus. Kopulation mit dem Meister – nein. 

Suryia hat schönes, haselnussbraunes langes Haar und ein hübsches Babyface mit einem bezaubernden Lächeln. 


«Beim Tantra fallen alle Masken», sagt sie, «wir begegnen uns auf göttlicher Ebene.»


Da kann ich für sie nur hoffen, dass Saranam und Bolko unter ihren Masken besser aussehen. Sie sind wirklich hässlich und ich könnte gar nicht so sehr in Trance geraten, um diese Gesichter auszublenden.

Ich bin aufgeschlossen gegenüber Tantra und halte viel von körperlicher Ekstase auf höherer Bewusstseinsebene. Die Leute stören halt einfach dabei. Bolko bleckt verzückt sein Pferdegebiss und balzt Suryia unverblümt an. 

«Komm doch auch», sagt Suryia und zum ersten Mal bin ich froh darüber, direkt am Fluss zu wohnen.

«Ich darf nicht», sage ich, «ich wohne am Assi Ghat. Sex ist da strengstens untersagt. Ich befinde mich quasi in einem Entsagungs-Retreat.»

«Ohhhh», sagt sie, «das tut mir aber leid», und ich bin drauf und dran, dieses Bedauern auch für sie auszudrücken. Doch dann denke ich mir, wenn sie freiwillig mit Pferd und Zwergnase vögeln will, wer bin ich, sie davon abzuhalten? 

Ausschnitt aus Varanasi - Endstation Ganges; das Buch erscheint 2019 im freiraum.verlag

Erste Lesung mit Sound am 20. November 2018 um 20 Uhr im Kultbau in St. Gallen http://www.kultbau.org/?p=1561 - mit von der Partie der grossartige Benedikt Maria Kramer (Augsburg) und der wunderbare Andreas Miedermann (Wien). Kommet, kommet.


Samstag, 10. November 2018

Dienstag, 6. November 2018

Werbung



Nachdem mir kürzlich jemand eröffnete
70 sei das neue 50
und der Fernsehdoktor uns warnte
dass Sitzen das neue Rauchen sei
stachen mir gestern im Tram gleich vier zukunftsweisende Aussagen ins Auge:

Morgen ist das neue Übermorgen (DHL)
20 Uhr ist das neue 17 Uhr (DHL)
Weiss ist das neue Bunt (ZürichDental)
Gelb ist das neue Gelb (Die Post) 

auch schön: 
Gelb ist das neue Grün (FDP Hessen)
Gelb ist das neue Grün (Kärcher)
Gelb ist das neue Grün (Baustellenampeln GR)
Blau ist das neue Gelb (Citipost) 
Gelb ist das neue Schwarz (Toyota)
Gelb ist das neue Weiss (farbeundlack.de)
Gelb ist das neue Rosa (Cantinetta Antinori Wien)
Gelb ist das neue Weiss (Ron Orp) 
Orange ist das neue Gelb (Gemeinde Kelmis)

Unfassbar!
Vor allem, was die Farbe gelb
 alles zu leisten vermag!

Ja hats Euch denn ins Hirn geschissen?
Sind Werbekunden die neuen Vollidioten?

Samstag, 3. November 2018

Superbastard comes to town

SUPERBASTARD COMES TO TOWN
Lesung mit Susann Klossek, Benedikt Maria Kramer und Andreas Niedermann aus alten und frisch erschienenen Werken.
Moderation: Florian Vetsch 


20. November - 20 Uhr 
Kult-Bau St. Gallen, Konkordiastrasse 27 

Donnerstag, 18. Oktober 2018

schmatz. DIE ENTSCHEIDUNG



schmatz. DIE ENTSCHEIDUNG
Der schwule Männerchor Zürich nimmt den Zuschauer auf eine musikalische Reise angefangen vom rätoromanischen Volkslied, weiter durch Afrika, USA, England bis nach Frankreich und Skandinavien. Gospel, Klassik, Modernes, Verrücktes.

Susann Klossek in der Rolle der osteuropäischen Moderatoren-Matrone. 

THEATER RIGIBLICK
Premiere 27.10. 2018 20 Uhr
Weitere Vorstellungen: 28.10. (17 Uhr) / 2./3.11. / 24.11. / 29.11. / 1.12.

Vorverkauf 55 Franken via Theater Rigiblick

Samstag, 13. Oktober 2018

Träume




Gestern
Nacht im Traum 
hat sich deine Frau von dir getrennt
ohne dich zu fragen
hat sie einen Job
in einem Land namens Brüsselien angenommen
und hat dich sitzenlassen
leicht benommen standest du vor mir
in einem weißen Hemd
dein Blick unschuldig und zugleich zerrissen
Dann bin ich ja jetzt frei für dich
sagtest du und hast meine Schulter geküsst
leichtes Entsetzen machte sich in mir breit
ich wusste nichts darauf zu antworten

(entstanden auf einer Borneoreise für ein bisher unveröffentlichtes Buch; Foto: Der Aufkleber klebte an einer Wurzel mitten im Regenwald von Borneo)

Montag, 8. Oktober 2018

Allein unter Chinesen


Allein
unter Chinesen
der Mount Kinabalu
lacht hinter seinem Nebelschleier
R. kapitulierte am ersten Stopp
zog sich zurück ins Basislager
patrouilliert von einem Police Officer
als sei er der Kaiser von China
auf dem Weg in die Verbotene Stadt
*
der Chinesenführer faselt sich das Spitzmäulchen fusselig
auf seinem Shirt steht Fun Boss
witzig ist das nicht
mein Führer ist tätowiert und metallbestückt
als käme er gerade aus dem Arbeitslager Masanija
unter Mao wäre er exekutiert worden
sein Name ist Ding Ding
und vielleicht ist das ja Mandarin für Sing Sing
aber eigentlich steht Ding für Piercing
konsequenterweise müsste er also Ding Ding Ding Ding Ding heißen
die Dunkelziffer außer Acht gelassen
sein Basic English
klingt wie thailändisch von einem Sprachbehinderten
*
Hong Kong und Taiwan
aus Sitzreihe 6
kotzen unterdessen in braune Plastiktütchen
der Berg scheint Monde entfernt
und noch elf Stunden
auf dem Schaukelschlachtschiff
das sich über Buckelpisten in die Höhe wackelt
und beängstigend nah am Abgrund schwankt
für die Umkehr ist es längst zu spät
R. wollte was unternehmen
und jetzt sitze ich allein unter Chinesen
die die Weltherrschaft schon längst an sich gerissen haben
die Funktion von Führer 3 bleibt unklar
er frisst und grinst und gähnt und schläft
vielleicht der von Peking entsandte Parteifunktionär
damit alles einigermassen auf Linie bleibt
*
irgendwo unterwegs wollen alle Fotos von mir machen
und schenken mir Miniaturbananen
als sei ich ein Äffchen
dass es bei Laune zu halten gilt
seit sie meinen Namen kennen
habe ich das Gefühl
alle reden über mich
im Bus läuft ein Prügelfilm mit James Franco
der sich durch Mangrovenhaine kämpft
die Audienz pennt
und ich bete, dass der Fahrer die Schlucht verfehlt
im ausgebrannten Bus befand sich neben 35 Chinesen auch eine Deutsch-Schweizerin
dann hätte ich endlich mein Alleinstellungsmerkmal
aber hinterm Jordan interessiert das wohl wenig
alle sorgen sich um meinen Ehemann
den zurückgelassenen
der olle Deserteur
aber sie sorgten sich besser mal um mich
oder sich selbst
wenn ich in Kürze ausraste
die überraschende Intervention der Südwesteuropäerin
*
auf einer Milchkuhfarm
berichtet mir Ding Dong
von seinen Erlebnissen mit thailändischen Ladyboys
und ich überlege, ihm auch meine zu erzählen
lass es aber besser
denn die fünf Lesben aus Taipei
docken gerade vorsichtig an
Li Lin ist Vegetarierin
mehr lässt sie mich nicht wissen
mehr is' vielleicht auch nicht
und die Familie aus Hongkong
referiert über die Ernährung von Koalabären
Frau Ho war mal bei der UBS Zürich angestellt
und Schweizerdeutsch sei ja no language
sagt die mit der Katzensprache
ich krieg Sodbrennen
mi hau, xièn xíèn
und noch acht Stunden bis Buffalo
*
überall sind die Vorhänge zu
ich kann den Abgrund nicht mehr sehen
was es nicht unbedingt besser macht
katholische Schulen am Wegesrand
Kinder beten schon mal das Vaterunser
der Regen hat sich verzogen
mein Arschfleisch ebenso
unerbittlich rücken wir dem Endziel entgegen
der Berg, der am Morgen noch so nah zu sein schien
Dingeldingdong zählt die Schäfchen
noch sind sie vollzählig
schon längst ist keiner mehr angeschnallt
wenn wir verunfallen
dann bitte richtig
ich glaube ich werde blind
kann aber auch an der Scheibe liegen
draußen flimmert die Mittagshitze
drinnen riechts ein bisschen nach Hund süßsauer
Dongding sei zu 43 Prozent local und 62 Prozent Chinese
und ich überlege wie das geht
komme aber zu keinem Ergebnis
ich widerspreche aber nicht
mit einem 105-Prozentigen mit spitzen Gegenständen im Gesicht
legt man sich besser nicht an
beim Lunch stopfen die sich am meisten
die vorher gekotzt haben
die kleinen Pekingentchen
es muss ja nachgelegt werden
fürs nächste Tütchen
*
Dingelchen jagt mich bergauf
über bedrohlich schwankende Hängebrücken
die über klaffende Tiefen, Täler und Schluchten baumeln
die Chinesencrew weit abgehängt
noch am verdauen
und ich bin kurz vorm Kollaps
You look healthy sagt er frohlockend
und springt wie ein Reh übers Brückchen
knallrot und triefend trifft es besser
im Eisteich meine ich zu dampfen
vielleicht sind’s auch die heißen Quellen
am Rand traurige Damen im Ganzkörperkopftuch
entsetzt schaun sie der drallen Halbnackten beim Planschen zu
während ihren Muselmanengatten die Zungen auf die Fliesen klatschen
*
ich hatte seit 5 Jahren keine Freundin mehr jammert Dongelding
ich empfehle Metallminimierung in der Visage
trägst du keine Unterwäsche? fragt er dann
das hat er richtig erkannt
wird ihm aber auch nichts nutzen
dann bricht ein Wolkenbruch aus
der mir grade recht kommt
und alle doofen Fragen wegschwemmt
nach 10 Stunden
endlich der verfickte Berg
gefühlte 12 Grad
und Regen überm rosa Schirmchen
ich genehmige mir ein Heißgetränk
ich
zwei Dutzend Chinesen
und der Berg
er ist wolkenverhangen

(Der Text entstand auf einem Trip zum Mount Kinabalu in Borneo und ist Bestandteil eines noch unveröffentlichten Buches über Reisen nach Ungarn, Indien, Sansibar, Guatemala und Borneo)