Donnerstag, 30. Juni 2011

VERBOTE


Verbote gehören verboten. Sie verstossen nicht gegen die
Verfassung, wenn Sie im Bus ein Eis essen oder Ihr
Trottinett nicht zusammenklappen. Lassen Sie das letzte
Fünkchen Unangepasstheit, das noch in Ihnen glimmt, nicht
restlos verglühen. Gestalten Sie Ihren Alltag chaotisch.
Nehmen Sie Ihr Menschenrecht auf Individualität wahr,
seien
Sie ganz Sie selbst. Was soll schon passieren? Eine
Chaoswidrigkeit können Sie schliesslich nicht begehen. 

Montag, 27. Juni 2011

Zur Religion




Religion ist das Bedürfnis nach einer Abkehr von der Vernunft. Streichen Sie Begriffe wie Sünde, Gnade und Moral aus Ihrem Wortschatz. SOFORT!

Samstag, 25. Juni 2011

ARBEIT



Wer sich gern hinlegt, muss zwangsläufig vorher
irgendwann einmal aufgestanden sein. Es gibt allerdings
kein Gesetz, das sagt, dass das um sechs Uhr morgens
passieren muss. Probieren Sie aus, was passiert, wenn Sie
einfach mal liegen bleiben: Nichts. Gehen Sie in jedes
Vorhaben voreingenommen hinein, Sie sind es sowieso,
auch wenn Sie das Gegenteil behaupten. Lassen Sie sich
gegebenenfalls eines Besseren belehren. Geben Sie Ihren
Irrtum offen und ehrlich zu. Hören Sie ab und an Ihrem Chef
zu, erlangen Sie zu neuen Erkenntnissen darüber, was Sie
alles nicht sind. Lassen Sie sich hin und wieder feuern.
Berufe gibt es wie Sand am Meer. Sie haben unendlich viele
Möglichkeiten herauszufinden, was Sie nicht tun möchten.
Wenn Sie zu wenig verdienen, sind Sie womöglich noch
jung, eine Frau oder ohne Qualifikationen. Es kann aber
auch daran liegen, dass Sie sich beim Versuch, mehr für
sich herauszuschlagen, einfach zu dämlich angestellt
haben. Chancen an sich sind in der Regel weniger das
Problem. Sie zu nutzen schon.

Freitag, 24. Juni 2011

Keime unterm Mikroskop, heute: EHEC


Bild: Susann Klossek, "Lullaby" aus der Reihe genmanipuliert, Acryl auf Leinwand,
40 x 50 cm; Preis: 350 CHF 

Donnerstag, 23. Juni 2011

Wetter, Wetter, Wetter


Wie beginnt man eine Kolumne zum Thema Sommerfeeling, wenn man Mitte Juni bei Dauerregen und acht Grad Celsius mit klappernden Zähnen auf dem Sofa sitzt und sich mit einem heissen Yogitee versucht warme Gedanken zu machen? Um ehrlich zu sein, ich weiss es nicht. Ich weiss nur eines: früher war alles besser. Zumindest das Wetter. Ich erinnere mich schwach, dass ich als Kind ab 1. Mai immer Kniestrümpfe tragen durfte und mir im Juni bereits den ersten Sonnenbrand im Freibad geholt hatte.

Freibad nannte sich im letzten Jahrhundert eine öffentliche Einrichtung, bei der man im Sommer (siehe unter Sommer) unter freiem Himmel Vergnügungen wie Schwimmen, Picknick, Ballspielen, Sonnen etc. nachgehen konnte. Nur als Anmerkung für die Leser, die sich nicht mehr erinnern mögen oder zu jung sind, um zu wissen, was es früher so alles neckisches gab. Aber Kniestrümpfe lassen meine Waden mittlerweile sowieso äusserst unattraktiv erscheinen und die Sonne ist höchstgradig tödlich, wie wir wissen. Bademeister lasst Euch umschulen. Zum Beispiel zum Wasserski-Lehrer oder Gondoliere.

Eine weitere Option für eine Kolumne wäre das Thema Garten. Aber denselben betritt man während der Monsunzeit auch eher ungern. Der Rasen müsste zwar dringend gemäht werden. Doch auf dem überschwemmten Grün haben sich zwei Wasservögel bereits ein Nest gebaut. Im Übrigen aus den Zweigen des extra aus Kyoto eingeflogenen, überteuerten japanischen Zierbambus. Aber die Viecher stehen ja unter Naturschutz. Man fragt sich, wozu jeder Schweizer eigentlich eine Waffe im Schrank stehen hat, wenn man im eigenen Garten eh nicht jagen darf. Da wundert es nicht, wenn der eine oder andere alternativ seine Gemahlin abschiesst! Schön wäre es gewesen: Die "Ente Orange" im Schatten des leise im Winde raschelnden Bäumchens zu verspeisen. Soll aber wohl nicht sein. Stattdessen wird mir die kleine Entenbagage in Kürze die frisch getäfelte Marmorterrasse fröhlich vollkacken, während der Erpel seine Gattin durchs Unterholz jagt.

Man könnte sich statt der Wiese einen kleinen Zierteich anlegen, in dem man dann ein, zwei Koifische unter zartlila Lotosblüten herumschwimmen lässt. So als kleine Kapitalanlage, falls der Aktienmarkt mal wieder zusammenbricht. Das Wasser wäre ja schonmal da. Doch dafür müsste man erst einmal vor die Tür. Bei dem Wetter eine Unternehmung, die man sich zweimal überlegt und dann doch bleiben lässt. Ich frage mich, wer denn nun eigentlich an dem Mistwetter Schuld trägt? Die drei Eisheiligen, die Schafkälte oder doch wieder der Ami? Der verbockt ja bekanntlich alles, wie Viele meinen.

Wie auch immer: Ich habe mir sagen lassen, dass der diesjährige Frühling übergangslos in den Winter münden soll. Sommer und Herbst fallen aus. Werden künftig eventuell aus Spargründen gänzlich abgeschafft. Das hat auch Vorteile: Man müsste die Yacht nicht mehr fahrtüchtig machen und könnte sie gleich winterfest am Liegeplatz belassen. Teuer genug ist der ja und die meisten Bootsbesitzer machen sowieso eine bessere Figur, wenn sie nicht fahren. Auch der alljährlich gefürchtete Kampf um die Bikinifigur hätte endlich ein Ende. Wir könnten uns das ganze Jahr hemmungslos vollstopfen und zwölf Monate nonstop Fondue essen. Ohne schlechtes Gewissen. Das gilt natürlich nur für Diejenigen, die ein Gewissen besitzen. Also nicht für mich.

Wir müssten uns auch nicht mehr aufregen, dass die Gelatikugeln zwar immer kleiner, dafür von Jahr zu Jahr immer teurer werden. Während die Eisverkäufer reziprok dazu immer hässlicher aus der Wäsche gucken. Auch die Heinis in ihren Cabrios, die einen im Café an der Ecke zweiundvierzigmal schmierig grinsend umkreisen, blieben einem in Zukunft erspart. Und Songs wie "Wann wird mal wieder richtig Sommer?" würden ein für allemal in den Radioarchiven verschwinden. Wir könnten wieder anfangen zu rauchen, denn der Hautkrebs durch die Sonne fiele dann schonmal weg. Man soll es mit der gesunden Lebensweise ja auch nicht übertreiben.

Ich glaube, ich werde eine Bürgerinitiative für die langfristige Abschaffung des Sommers lancieren und auf Psychologie umsatteln. Gar nicht auszudenken, was ich an den vielen Patienten verdienen könnte, die von der Winterschlappe über die Frühjahrsmüdigkeit nahtlos in die Herbstdepression rutschen! Ich würde reich werden und könnte mir meinen gesamten Garten überdachen und verglasen lassen. Ich würde mir eine künstliche Sonne installieren, ein paar Palmen und einen Riesengrill aufstellen, rassige Kellner aus Lateinamerika anheuern und exklusive, heisse Sommerparties veranstalten. Da dürften sogar Amerikaner mitmachen. Nur Meteorologen, die bräuchte es dann nicht mehr. Denn wen interessiert dann noch das Wetter?


HANGOVER



Herbert hätte es wissen sollen: Der siebte Dry Martina Wodka war einfach zuviel. Glücklicherweise hielt ihn das halbe Gramm K soweit wach, dass er nicht kopfüber in der Latrine versank. Früher feierte man fünf Tage und brauchte drei Stunden zur Erholung. Heute ist es genau umgekehrt. Einfach ein Hundeleben.

Montag, 20. Juni 2011

WORTE



Keine der Lobeshymnen
und keine der vernichtenden Kritiken
verhindern den nächsten Satz

Mit nichts ist das nächste Wort zu kaufen
und mit nichts ist es zu zerstören
das, was geschrieben ist
spielt keine Rolle mehr für das
was geschrieben wird

Ihr könnt meine Schreibe lieben oder hassen
es ist egal
sie entsteht mit jeder Silbe
mit jedem beschissenen kleinen Wort
mit jedem verdammten Schachtelsatz von neuem
anders
noch nie dagewesen

Gebt Euch so viel Mühe wie Ihr wollt
mich zu bauchpinseln
oder mich in den Dreck zu ziehen

Die Sprache überlebt uns alle


Donnerstag, 16. Juni 2011

Alte Sprichwörter, neu entdeckt




DER FRÜHE VOGEL STIRBT IM STURM

(Bild entdeckt auf der Webseite der Hauptschule an der Toni- Pfülf-Straße in München. was zwar keinen interessiert, aber man will ja nicht wegen Plagiats verklagt werden.)

Mittwoch, 15. Juni 2011

Nonsens

Nonsens by Susi Klossek

Jeder kriegt, was er verdient



Was ich meine, ist:
Ich wache auf und bin gut drauf
ich stehe auf
bereit zur Aktion
um Gutes zu tun
die Welt zu verbessern
oder zumindest um mich
an mir selbst zu erfreuen

Dann schalte ich das Radio an
und mit dem ersten Wort, das ich höre
ist der Tag im Eimer
bevor er angefangen hat

Trotzdem starte ich einen Versuch
ich gehe raus
ignoriere den Nieselregen
und die griesgrämigen Morgenfressen
ich tue meinen Job
auch, wenn das oft keinen Sinn macht
doch spätestens Mittag
ist jedes gute Gefühl
das ich vielleicht noch hatte
endgültig den Bach runter

Jeder kriegt, was er verdient, sagst du
da frage ich mich
wieso ich nicht grad in meinem Privatjet
auf die Antillen fliege
um mich von einem gerade volljährig gewordenen
Lustknaben durchvögeln zu lassen
man erwartet doch nicht viel
warum zum Teufel dauert das so lange?



Dienstag, 14. Juni 2011

Sommerzeit am See


Am Zürisee
da liegt a Schnee
der is nid kalt
zum Schnupfen halt

Und Tina Turner
die wohnt hier
Perrücken hat sie
mehr als vier

S'is Sommerzeit, s'is Sommerzeit
s'is Sommerzeit am See
S'is Sommerzeit, s'is Sommerzeit
s'is Sommerzeit am See

Im Zürisee
wer glaubte das
schwimmt Asche von
der Dignitas

Am Zürihorn
da gibt es Stoff
vom schwarzen Mann
ganz ohne Zoff

Und drüben da
liegt Wollishofen
da kannste gutes Haschisch koofen

Und in dem Park
der Stricher hockt
vom Staatsanwalt
schnell aufgebockt

S'is Sommerzeit...

Die Bahnhofstrasse ist gar lang
dass Frau Geheimrat shoppen kann
bei Gucci, Prada und Chanel
ein Höschen für ihr Bärenfell

Und der Gemahl
ganz ungeniert
am Sihlquai läufig langchauffiert

Wo sind sie hin
die Ostblock-Huren
in die Verrichtungsbox sie fuhren

S'is Sommerzeit....

Und in Thalwil
im Strandbad "Bürger"
treibt sich herum
der Frauenwürger

Und in der blauen Abenstund
kommt's Polizeili mit dem Hund
und sperrt sie ein, die Schwulität
weil Darkroom einfach gar nicht geht

Und da ist schon der Sextourist
der's Rotlicht-Vierteli vermisst
gesäubert ist die Strasse nun
wir müssen's jetzt woanders tun

S'is Sommerzeit, s'is Sommerzeit
s'is Sommerzeit am See
S'is Sommerzeit, s'is Sommerzeit
s'is Sommerzeit am See




Freitag, 10. Juni 2011

NACHBARN



Nachbarn sind in der Regel Menschen, denen Sie total egal
sind, die aber trotzdem jede Menge Energie darauf
verwenden, Ihnen das Leben zur Hölle zu machen. Grüssen
Sie freundlich, aber lassen Sie sich auf kein verbindliches
Gespräch ein. Lächeln Sie dummdreist-verklärt und machen
dabei heimlich Fotos von Verstössen gegen die
Hausordnung. Verwenden Sie diese nur im Notfall, also vor
Gericht. Duschen Sie nicht nach 22 Uhr, benutzen Sie
NIEMALS die falschen Abfallsäcke oder -tonnen, spielen Sie
keinen Punk, Heavy Metal oder Oper. Besonders nicht live.
Kiffen Sie nicht in der Nähe von Dunstabzugshauben,
betreiben Sie keine Hanfplantage auf dem Balkon. Leben
Sie ausserhalb Mitteleuropas, betrachten Sie dieses Kapitel
als gegenstandslos und machen Sie weiterhin, was Sie
wollen.

Donnerstag, 9. Juni 2011

KATASTROPHEN-REPORT




Allergien und Vogelgrippe
Cholera und Beulenpest
Telefone ohne Strippe
Schweinepest gibt uns den Rest

Berstende Atomkraftwerke
Schwarzenegger, Kachelmann
Monsterwellen und Vulkane
Alles uns nicht umhaun kann

Ehec-Keime auf Tomaten
Grünen Gurken oder Sprossen
Keiner will es uns verraten
Vielleicht auch auf Seehecht-Flossen

Hurricans und Handystrahlen
Erdbeben und Landtagswahlen
Europleite, Rinderwahn
Aschewolke und Strauss-Kahn

Überschwemmungen und Wüste
Dramen an der Schwarzmeerküste
Heuschrecken und Al Kaida
RAF und Justin Bieber

Diebe, Meuchler, Lange Finger
Tod und Teufel, Ratzinger
Priesterfreuden, Ministranten
Und nicht sterben woll'nde Tanten

Minarette, Attentäter
Mörder, Vaterlandsverräter
Fischesterben, Gengemüse
Aus der Genmais-Kochkombüse

Ausländer und Flüchtlingsströme
Xavier und Mannheims Söhne
Tempolimit, Rauchverbot
Irgendwann bist trotzdem tot

Waldsterben und Pilzbefall
Invasionen aus dem All
Harry Potter, tote Otter
Vor Somalia Piraten
Und ein bunter Zwerg im Garten

Hungersnot in Afrika
Nashornjagd, auch ich war da
Ach so schön war es noch nie
Corpus Dei, Scientology

Hinter Gittern Dissidenten
Diktatoren, Delinquenten
Und was ist mit uns'ren Renten?
Bitte? Rente? Was ist das?
Arbeit macht bis 90 Spass!

Klauenseuche, Kirchenbräuche
Brennend's Land und Griechenland
Männer, die die Schuld verleugnen
Krampfadern, Jehovas Zeugen

Brust-OP und Botox-Spritzen
Ratten, die durch Rohre flitzen
Krankenkassen, Stromverbrauch
Ich bin schuld und du auch

Scheiss auf Krise und Burnout
Weil dir in der U-Bahn morgen
Einer auf die Fresse haut  

Draussen dort die Sommerwiese
Die weiss nichts von unsrer Krise
Die Grille singt ein Lied dem Kind
Davon, wie blöd Menschen sind


Samstag, 4. Juni 2011

DROGEN



Drogen erweitern, soweit vorhanden, das
Bewusstsein. Werfen Sie sich ruhig mal ein Pillchen
ein, ziehen Sie sich eine Linie ins Näschen, backen
lustige Plätzchen oder servieren ein leckeres
Pilzgericht. Gönnen Sie Ihrem Hirn ab und an ein
kleines Highlight und einen Ausflug in andere Welten.
Aber nicht vergessen: Wäre jeden Tag Weihnachten,
würde Sie das bald tödlich anöden. Heben Sie ab, aber
landen Sie auch wieder. Lassen Sie die Finger von
Crack und Heroin!

Freitag, 3. Juni 2011

Kaffeehausg'schichten


Im Kaffeehäuserl in Wien
ham die meisten einen Splin
denn normal sein liegt nid drin
im Kaffeehäuserl in Wien

Im Kaffeehäuserl ums Eck
fliegt den Gästen s'Hirnerl weg
greift der Hansi unterm Tischerl
dreist als ob es gar nichts wär
der Maria an den Bär

Im Kaffeehäuserl ist's heiss
im Kaffehäuserl rinnt Schweiss
im Kaffeehäuserl in Wien
gibt sich Wien ganz einfach hin

Im Kaffeehäuserl in Wien
ist die Unzucht Bagatelle
Schuupft di, Gschiessena haasts dann
schuupft di, du Kanalforelle

Letzteres das steht für Ratte
also besser hasts ne Latte
wenn du Lorbeern willst verdien'
im Kaffeehäuserl in Wien