(Foto: Flughafen Quito, Ecuador, unser Flieger der Airline Galapagos Air)
Es ist für den ersten Moment schon etwas irritierend,
wenn dein Name mit zehn anderen auf einem südamerikanischen Flughafen
aufgerufen und man mit Polizei-Eskorte zur Gepäckkontrolle neben die Rollbahn
beordert wird. So wie es mir in Quito vor der Abreise zurück nach Bogotá passiert.
Ich bin klein, mein Herz ist rein. Trotzdem ist mir leicht mulmig zumute. Ein
neuer Versuch des Gatten mich loszuwerden? Hat er mir Kokain untergeschoben und
hofft auf meine Verhaftung? Fünf grimmig dreinschauende Polizisten und zwei
hechelnde Drogenspürhunde erwarten uns. Jeder von uns muss sein Gepäck
identifizieren. Die Verdächtigen-Gruppe besteht neben mir aus einem jungen
Holländerpaar (die sind offensichtlich per se verdächtig), einer älteren Dame,
ein paar finster aussehenden einzelnen Herren und einer spärlich bekleideten
Ecuadorianerin inklusive Kleinkind und Kinderwagen. In knappen, forschen Sätzen
befragt mich der Beamte nach Aufenthaltsdauer in Ecuador, wohin ich wolle, für
wie lange und wozu. Das ist eine gute Frage, möchte man antworten, aber
natürlich beantworte ich brav und korrekt, was er wissen will. Die Staatsmacht
reizt man besser nicht. Schon gar nicht in Ecuador. Während der Beamte scheinbar
unbeteiligt meinen Ausführungen lauscht, durchsucht er akribisch mein Gepäck.
Als allererstes gerät ihm mein Minivibrator, der allerdings als solcher nicht
erkennbar ist, zwischen die Finger. "Was ist das?", fragt er streng.
Mir fällt vor Schreck weder die spanische noch die englische Bezeichnung für
den kleinen Freudenspender ein. Ich stottere ein bisschen was von para el deleite de las mujeres - für
die Lust der Frauen - aber er stellt sich blöd. Absichtlich, vermute ich. Er
legt das Ding zur Seite auf den Tisch und packt den Inhalt meines Nécessaires und meiner Reiseapotheke aus. Er dreht ein paar Pillendosen in der
Hand, tut, als würde er die Aufschriften lesen, dann steckt er alles gelangweilt
wieder weg. Nebenan am Tisch packt die dralle Mutter ihr Zeug aus. Der Hund
kläfft das Kind an, das Kind erschreckt sich und fällt samt Sportwagen um und
unter den Untersuchungstisch. Es schreit. Ein einizges Chaos. Die ältere Lady
beschwert sich und wird zurechtgewiesen. Koffertransporteure rennen
schweissgebadet hektisch hin und her und schmeissen einzelne Gepäckstücke
wahllos in irgendwelche Ecken. Wenn das mal gut geht! Wenn das überall so
abgeht, wundert es mich nicht mehr, wenn so viel Gepäck nicht ankommt. Mein
persönlicher Durchsuchungsbevollmächtigter erinnert sich dummerweise nochmal an
das seltsame kleine schwarze Gerät, was er bei mir gefunden hat. Er drückt auf
das rechte Knöpfchen, es vibriert. Spätestens jetzt dürfte auch ihm klar sein,
dass es sich nicht um eine Waffe handelt. Jedenfalls keine der herkömmlichen
Art. Natürlich kriegt der Cretin das Ding nicht wieder aus, denn jetzt kommen erst
einmal die verschiedenen Vibrationsstufen. Langsam wird auch der Drogenhund auf
das surrende Etwas aufmerksam. Mit heraushängender Zunge und gespitzen Ohren
grinst mich der Schäferhund an, als verstünde er, worum es hier gerade geht.
Ich sage "pfui!", obwohl er sicher nur Spanisch versteht, reisse dem
verdatterten Beamtem meinen teuren Lelo aus der Hand und stelle ihn ab. Linkes
Knöpfchen, du Trottel! Damit ist die Durchsuchung für mich beendet. Allerdings
müssen wir, die Abgefertigten, uns in einer Reihe aufstellen und warten, bis
alle Koffer und Taschen komplett durchsucht sind. Gefunden wird nichts. Weder
bei der Terroristen-Oma, noch bei der Nutten-Mutter, noch beim
Haschisch-Pärchen aus Rotterdam. Leicht enttäuscht, möchte man meinen, wedelt
ein Polizist mit der Hand und gibt uns zu verstehen, dass wir verschwinden
sollen. Danach gehts im Gänsemarsch in einen separaten Raum zur
Leibesvisitation, die allerdings für mein Empfinden ziemlich lasch durchgeführt
wird. Die Sache geht ohne gummibehandschuhe Finger in Körperöffnungen über die
Bühne. Danach geht es ein weiteres Mal durch die Sicherheitskontrolle. Auch das
Handgepäck wird erneut inspiziert. Als ich endlich wieder zurück bin, ist
boarding time. So kann man sich die Wartezeit bis zum Abflug auch vertreiben. Erstaunlich,
dass sie meine Amphetamine nicht gefunden haben. Apropos Amphetamine, Kokain, Ecstasy: Davon
wird am meisten in Antwerpen und Amsterdam konsumiert, gefolgt von Valencia,
Eindhoven, Barcelona und London. Das ergab eine grossangelegte Abwasseruntersuchung
in 19 europäischen Grossstädten. Da war zumindest die Durchsuchung des
Holländerpaares ja berechtigt. Was das Kokain betrifft, hatte ich eher auf
Zürich getippt. Aber vielleicht hat die Schweiz in der EUROPÄISCHEN Statistik
mal wieder nichts zu suchen. 350 Kilo Koks sind es europaweit täglich, die sich
die Leute so genehmigen und am Ende der Kanalisation übergeben. Nicht
auszudenken wieviel es wäre, bei Preisen wie in Ecuador oder Kolumbien. Die
Leute würden wahrscheinlich von Kaffee auf Koks umsteigen.
(Ausschnitt aus der Kolumbien-Story, die demnächst - und dieser Begriff ist dehnbar - in einem Gemeinschaftswerk von Hartmuth Malorny, Mic Steffens und mir erscheint.)
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