Mittwoch, 7. Mai 2014

Locarno




Locarno die Altersmilde

schwermütiger Himmel
lässt Blüten regnen
Damen mit feinöliger Blässe im Gesicht
und zigarillogeschwängerter Stimme
das Décolleté in Plissee gehalten
Senoritas mit dicken Hintern
Espresso, der seinen Namen verdient
adoleszente Hündchen
flanieren mir ihren Herrchen
unter dem Holunder wartet die Panikattacke

wir sind Reservisten der Liebe

ein Traum vom Frühling
Diagnose: Stoffwechselkrankheit Leben

im Hinterland fräst sich die Autobahn
durchs unwegsame Gelände
hinterlässt ausgeblutete Erde
auf der Strasse nach Süden jede Menge KOLLATERALSCHÄDEN

abgeblätterter Charme
einer alternden Dame
von der Latrine aus schau ich auf den See
stoisch ruht er in sich
wartet auf das nächste Opfer
dass es in die Tiefe zu ziehen gilt

kleine Stadt mit grossem Platz
auf der selbst der Regen Freundlichkeit ausstrahlt
nicht Schweiz
nicht Italien
weder Fisch noch Vogel
vegane Chimäre vieleicht

Pinien, die Trauer tragen
Tauben fressen Grassamen weg
am Rhododendron riechts nach Haschisch
eine Geige weint
vorm Hotel ROSA krümmen sich die Palmen
wie Versehrte
aus einem längst vergessenen Krieg

die italienischen Männer
selbstverliebte Machos
die ein Leben lang
an Mutters Rockzipfel hängen
und mit 30 Speck ansetzen
diese Männer haben durchaus was für sich
durchaus was an sich
einer Frau etwas vorgaukeln
können sie
erst ein Gelati
dann Fellatio
dass man am Ende
an die eigene Weiblichkeit und
ihre absolute Schönheit glaubt

UNA RAGAZZA REALE
UNA DONNA FATALE

und auch wenn man es besser wüsste
keck mal JA sagt
notti italiane
das Kleid rutscht ein Deut zu weit nach oben
vino rossi tropft zwischen die Brüste
die wie die Erde beben
im Pre-Vulkanausbruch-Zustand
eine Leguanzunge leckt trocken
später feucht
er hält mehr
als er verspricht
meistens isses ja umgekehrt

ich bin eine Kugel Gelati
die langsam dahinschmilzt
zerläuft
sich von sich selbst entfremdet
und im hysterischen Moment
eines neues Aggregatzustandes
klebrig-süss
im Schlund des cavaliere
ihr Ende findet

Seen haben was Bedrückendes
Endgültiges
als würde man nicht mehr rauskommen
im Kamelien Park nahm sich Madame das Leben
während er an seinem Handicap 37 arbeitete
der Wind trug Lindenblütenduft gen Westen
und ein Schwan stimmte den Abgesang an
die Tiere lauschten
und neigten ihre Köpfe
nur die Menschen
machten weiter wie bisher

die Jungen
in Motorbooten peitschen sie übers Wasser
als gelte es zu entkommen
frisch rasierte Beine
strecken sich der Sonne entgegen

auf den Felsen von Valle Verzasca
packen die Schwulen
ihr nacktes Fleisch in die Auslage
saftige Hüftsteaks
magere Rippchen
blasser Rollbraten im Speckmantel
sie stecken das Gelände ab
und markieren ihr Revier
starren Blickes
wie läufige Hunde
stieren sie auf die Schönen
die sich selbstverliebt räkeln
und sich an der Lichtspiegelung
auf ihrem eigenen Bizeps ergötzen

zum Glück führt der Fluss
in die Welt hinaus
Bataillone von Salamandern
geben sich die Ehre
bis sie unter sonnenbeheizten Steinen verschwinden
ein blaues Haus birgt den Geist von Frida Kahlo
das Wasser kühlt
trägt alles Schlechte davon
auf den Gipfeln letzte Reste von Schnee
kurz vor der Kapitulation


primavera
e
speranza

(Foto: von mir geschossen)

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