Mittwoch, 25. April 2018

Journaille und andere Blindgänger

Kürzlich in der Apotheke fragte ich nach Tropfen für trockenen Reizhusten und nach einem Prä-Biotika. Zu beidem hatte ich vorher recherchiert, für die Tropfen auch noch meine Ärztin befragt. Die Tropfen kannte ich bereits, sie sind bekannt für ihre gute Wirkung bei Entzündung der Bronchien und Reizhusten. Der Mann in der Apotheke wollte sie mir nicht geben, da sie für verschleimten Husten seien. Das ist klar falsch, aber er lieẞ sich nicht eines Besseren belehren. Ich musste sie ihm fast aus den Händen reiẞen.
Bezüglich Prä-Biotika meinte er schlau dreinschauend: «Das heiẞt Pro-Biotika!» «Ja», antwortete ich, «es gibt Pro-Biotika, aber ich hätte trotzdem gerne ein Prä-Biotika.» Das sei dasselbe, lieẞ er mich dann wissen, was es nicht ist. Ich musste ihm seinen Job und den Unterschied zwischen Pro- und Prä-Biotika erklären. Er schien mir nicht zu glauben, kam aber schlieẞlich mit einem Produkt an, dass er als Prä-Biotika vorstellte. «Lassen Sie sich nicht davon verwirren, dass auf der Packung Pro steht, es handelt sich trotzdem um Prä», sagte er selbstsicher und tippte schon den Betrag von über 50 Franken ein. Ich las mal kurz den Beipacktzettel: Es war ein Pro-Biotika, speziell gegen Blähungen. Hatte ich bis dato noch keine, bei so viel heiẞer Luft, kann man schnell welche bekommen. Ich zahlte die Tropfen und lieẞ den Traumtänzer mit seinen PropräBläh-Kapseln stehen.
Danach ging ich in die Migros und fragte nach Saft aus normalen, gelben Grapefruits. «Frisch oder pasteurisiert?», fragte der Verkäufer. «Egal, Hauptsache keinen aus pink Grapefruit», antwortete ich. Er rannte eifrig durch die Gänge und brachte mir verschiedene Pink Grapefruit Säfte.  Ich fühlte mich ein wenig missverstanden, um nicht zu sagen verkackeiert. Als er endlich kapierte, welche Art von Saft ich meinte, sagte er: «Ach so, das gibt’s nicht.» Auf meinen verständnislosen Blick hin erklärte er mir warum: «Das ist wie bei Bananen, man kann auch keinen Bananensaft herstellen, beide würden braun werden und eklig aussehen, deshalb gibt’s das nicht.» Ich zeigte auf die Regale und die Säfte MIT Bananen. Ja, gemischt sei das kein Problem. Ich ging in den Coop und kaufte einen Saft aus gelben Grapefruits.
Auf einem Werbeplakat stand, dass das Angebot bis am 5.3. gültig sei. Mich ereilte ein kurzer innerer Tobsuchtsanfall. Wie oft muss ich noch erwähnen, dass es bis ZUM 5.3. oder schlicht bis 5.3. heiẞt, aber sicher nicht bis AM. Selbst Tages-Anzeiger und NZZ bedienen sich regelmäẞig dieses Deutschfehlers.
Im Postfach hatte ich eine Mail von einer Ärztin, die mir schrieb, sie könne die 10%-ige Hormoncreme nicht verantworten, ich hätte bisher immer nur die 5%-ige gehabt. Ich machte ein Foto von der 10%-igen und schickte es ihr. Lange kam keine Antwort, sie musste wohl überlegen, wem sie die Schuld in die Schuhe schieben konnte. Schlieẞlich entschied sie sich für die Apotheke, die die Creme herstellt. Was zu bezweifeln ist. Gut, bei einer falsch konzentrierten Hormoncreme springt man nicht gleich über den Jordan, was aber, wenn einer nur ein halb so hoch dosiertes Krebsmittel oder ein doppelt so hoch konzentriertes Herzmedikament bekommt? Man mag es sich nicht vorstellen.
Im deutschen Fernsehen zeigten sie in einer Rankingshow einen niedlichen Spot mit kleinen Kobolden. Das sei ein Filmchen einer Hilfsorganisation. Kurz erwog ich beim Fernsehen anzurufen und sie darüber aufzuklären, dass es sich um einen Werbespot der Migros handele.  In der deutschen Tagesschau ging es dann auch um die damals bevorstehende Abstimmung zu den Radio- und Fernsehgebühren. Sie nannten einen völlig falschen Betrag der Gebühren. Ist es so schwierig, eine simple Zahl korrekt zu recherchieren? Ist es, denn auch die Schweizer Online-Zeitung Republik veröffentlichte in einem ihrer ersten groẞen Artikel den falschen Billag-Betrag.  In einem Artikel, in dem es explizit um diese Gebühren ging! Genervt kontrollierte ich ein paar Abrechnungen, drei von fünf davon waren fehlerhaft, natürlich zu meinen Ungunsten.
Gerne wird sich über Fake News, Unwissen und Inkompetenz aufgeregt, schaut man aber mal genau hin, wird einem Tag für Tag überall Schmarrn erzählt, in der Hoffnung, man selbst habe noch weniger Ahnung von der Materie. Die Leute erzählen einem irgendwelchen Mist, um ihre Ruhe zu haben oder einem ein teures Produkt anzudrehen. Redakteure recherchieren schlampig, schreiben über Dinge, von denen sie nichts verstehen und der Konsument glaubt, was einem vorgesetzt wird. Ich sage: Zweifelt und lasst Euch kein U für ein X vormachen, seid auf der Hxt!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen