Mittwoch, 26. August 2015

Unterwegs sein



Im

Zug hinter Budapest

weitet sich das Land

Stromkabel

von einem Ende des Horizonts

zum anderen

die Fenster sind weit geöffnet

der Kopf im Fahrtwind

zerzaustes Haar

zerzauste Gedanken

Geruch von Teer

und Zuversicht

reisen wie in alten Tagen

zum Rhythmus der alten Lok

die sich wie ein Tier

behäbig über glänzende Gleise schiebt

und übermütig über Weichen hüpft

Pfirsichgärten und Ziegeldächer

abgeblätterte Fassaden

alles fliegt vorbei

ein innerer und ein äusserer Film

Kornfelder in Schieflage

vom letzten Gewitter

der Schaffner kritzelt

seine Initialen auf die Fahrkarte

als würde er Autogramme verteilen

ich stehe im erfrischenden Luftzug

Kinder winken hinter Zäunen

Licht, das sie lieblich umschmeichelt

unterwegs sein ist alles

wenn dich etwas bewegt

bewegt sich auch etwas in dir

schöne Stunden der Rückbesinnung

des Schweigens

im Rhythmus des Zuges

versuche ich dem Ur-Rhythmus

näherzukommen

Schlüssel zu meinem Wesen

Rechtfertigung für mein Leben

R.‘s Körper wirft Schatten

in dem ich mich ausruhe

die Welt öffnet sich

und wie mit einem Schmetterlingsrüssel

sauge ich das Leben ein

(Foto: Auf der Strecke Budapest-Siofok, Juli 2015)

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